Das Cliquenraster „Rudolf-Bednar-Park, Wien, 2013“– Eine Methode der sozialräumlichen Jugendarbeit und ihre exemplarische Anwendung

Teresa Bauer, Richard Krisch

1. Einleitung

Das Cliquenraster als sozialräumliche Methode der Jugendarbeit, wie es bereits von Deinet und Krisch erläutert wurde (vgl. Deinet/Krisch 2009), hat sich weitgehend durchgesetzt und bewährt. Jedoch tauchen immer wieder Fragen nach der Wirkung und bezüglich seiner Anwendung auf.Dieser Artikel stellt eine inhaltliche Ausdifferenzierung und Erweiterung der Methode der Cliquenraster dar. Er entfaltet seine besondere Qualität darin, dass er durch seinen sozialräumlichen und diversitätsorientierten Zugang das Cliquenraster als methodischen Ansatzpunkt für sozialräumliche Jugendarbeit erläutert. Er versucht, das Cliquenraster als Analyse- und Bewertungsmethode in der sozialräumlichen Jugendarbeit sowie dessen fünf elementare Ebenen zusammenfassend darzustellen. Besonders soll dabei die Nützlichkeit des Cliquenrasters zur Professionalisierung der offenen Jugendarbeit herausgehoben werden. Zudem wird die methodische Herangehensweise, nämlich der Zugang zur Definition einer Clique, Gruppe oder Szene sowie der professionelle Diskurs im Team als zentrales Element erläutert. Zuletzt wird ein, aus einer Langzeitstudie hervorgegangenes Cliquenraster des „Verein Wiener Jugendzentren“ beschrieben und eine Auswahl daraus als Beispiel dargestellt.

2. Überlegungen zur Methode des Cliquenrasters

Das Cliquenraster stellt eine sozialräumliche Methode der Jugendarbeit dar und dient dazu, einen differenzierten Blick auf Jugendcliquen, -gruppen und -szenen und deren unterschiedliche Aneignungsformen im sozialräumlichen Kontext zu ermöglichen (vgl. Deinet/Krisch 2009). „Das Cliquenraster ist eine Auflistung von Beschreibungen von Jugendkulturen in Form einer übersichtlichen Tabelle und soll die Verschiedenartigkeit von Jugendcliquen dokumentieren. Die Unterscheidungskriterien sind zwar auch ‚objektive’ Merkmale wie Gruppengrößen, Alter, Geschlecht, etc., betonen aber vor allem lebens- und alltagsweltliche sowie sozialräumliche Dimensionen, die beispielsweise in der Nutzung von Treffpunkten, in ihrer Mobilität, in präferierten Musikstilen und jugendkulturellen Symbolen, in bedeutenden Themen, Weltbildern oder Abgrenzung gegenüber Anderen zum Ausdruck kommen.“ (Krisch 2009, 117)

„Über die Methode der teilnehmenden Beobachtung und/oder Befragung von einzelnen Cliquen werden dabei die spezifischen Aneignungs- und Ausdrucksformen von Jugendkulturen in ihren sozialräumlichen Kontexten erkundet und sollten die Diversität von Jugend(en) und damit auch ihre unterschiedlichen Bedürfnisse, Problemstellungen und Sichtweisen abbilden.“ (ebd., 117ff.)

1.

Gruppe, Clique oder Szene; Alter, Geschlecht, Gemeinsamkeiten; Cliquennamen

2.

Verhalten, Tätigkeiten, Outfit, Musik, Weltbild, sprachliche Ausdrucksformen

3.

Treffpunkte, Orte, Mobilität

4.

Problemlagen, Bedürfnisse, Interessen, alltagsweltliche Themen; kommunikative Anknüpfungspunkte

5.

Ansprüche, Anforderungen, Kontakte; mögliche Ansatzpunkte der  sozialräumlichen Jugendarbeit

Abb. 1: Kategorien des Cliquenrasters, Krisch 2009,119

Das Cliquenraster hat zwei wesentliche methodische Funktionen, nämlich einerseits Kategorien für einen Beobachtungs- bzw. Befragungsleitfaden zu bilden. Andererseits können diese verschriftlichten Eintragungen einen Aufriss von Jugendkulturen in ihrer Unterschiedlichkeit ermöglichen und Anstöße zur Entwicklung der offenen Jugendarbeit leisten.

Das Cliquenraster erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Abbildung der Jugendkulturen im Stadtteil, was kaum möglich ist, da sich Szenen und Cliquen in einem ständigen Wandel befinden, sondern zielt viel mehr auf eine differenzierte Beschreibung von Kulturen und Szenen mit ihren unterschiedlichen Aneignungsformen ab. Dabei können auch jene Jugendlichen erfasst werden, die nicht ständig in den Jugendeinrichtungen anzutreffen sind.

2.1 Zur Qualität der unterschiedlichen Ebenen

Den zentralen Charakter des hier beschriebenen Cliquenrasters stellt seine Aufgliederung in fünf Ebenen dar, wobei die ersten drei großteils objektive, beschreibende Merkmale abbilden und sich die letzteren beiden auf die Problemlagen und Bedürfnisse Jugendlicher beziehen und gerade deshalb Anregungen an die Jugendarbeit liefern können. Zudem wird zwischen Gruppen, Cliquen und Szenen anhand ihrer unterschiedlichen Gesellungsformen und Verwiesenheiten unterschieden.

Die erste Ebene („Gruppe, Clique, Szene“) erfordert eine objektive Beschreibung der Gruppe, Clique oder Szene, sowie einen Namen, um einen ersten Eindruck zu erlangen um welche Personen es sich handelt. Festgehalten werden an dieser Stelle auch das Alter, das Geschlecht und die Gemeinsamkeiten dieser Jugendlichen. Die zweite Ebene („Verhalten, Outfit, Musik, Weltbild, sprachliche Ausdrucksformen“) verlangt eine Beschreibung der Ausdrucksformen und Interessen der Jugendlichen, welche sich aus dem Verhalten, der Beschäftigung, dem Outfit, der Musik, dem Weltbild und der Sprache ableiten lässt. In der dritten Ebene werden Orte und Treffpunkte, welche sich jene Jugendliche angeeignet haben und wo sie sich aufhalten, dokumentiert, wobei aber auch die Mobilität der Jugendlichen eine zentrale Rolle spielt. Anders als in den ersten drei durch Beobachtung erfassbaren Ebenen, erhebt die vierte Ebene, meist durch Befragung Jugendlicher, Problemlagen, Bedürfnisse und aktuelle Themen von Jugendlichen. Das Kernstück des Cliquenrasters in der Jugendarbeit ist die fünfte Ebene, denn diese fragt nach den Ansprüchen und Anforderungen der Jugendlichen und zielt damit auf mögliche sozialpädagogische Interventionen beziehungsweise auf eine Ausdifferenzierung der Angebote in der Jugendarbeit ab.

Die durch das oben dargestellte Cliquenraster erst möglich gemachte detaillierte und ausdifferenzierte Beschreibung der Jugendcliquen,- gruppen oder -szenen kann in der Jugendarbeit schlussendlich genutzt werden, konkrete Angebote zur Erweiterung der Handlungsspielräume Jugendlicher zu entwickeln.

2.2 Ein Blick nach „draußen“ – Der sozialräumliche Blick

Die Methode des Cliquenrasters dient im Bereich der Jugendarbeit insbesondere dazu, einen Blick nach „draußen“, also auf die sozialräumlichen Zusammenhänge des Stadtteils oder der Region zu richten. Sie ermöglicht JugendarbeiterInnen einen „sozialräumlichen Blick“ (Deinet, Krisch; 2002/2006) zu entfalten und eröffnet Zugänge zu Aneignungsprozessen aber auch dazu, Chancen und Barrieren Jugendlicher im Kontext des Stadtteils oder Sozialraums zu verstehen und zu erklären. Der Blick nach „draußen“ kann der Jugendarbeit zudem helfen, Angebote für Jugendliche zu verbessern und an deren Bedürfnisse und Bedarfe anzupassen. Dabei gilt es sich u.a. zu fragen, „Wer sind diese Jugendlichen?“ (1. Ebene des Cliquenrasters), „Wie eignen sie sich den Sozialraum an?“ (3. Ebene), „Was haben sie für Bedürfnisse und Interessen?“, „Was suchen diese Jugendlichen?“ (4. Ebene). Andererseits gilt es in diesem Zusammenhang für die Jugendarbeit zu überlegen: „Was können wir den Jugendlichen bieten?“ Weiter ist zu hinterfragen, welche Räumlichkeiten diese Jugendlichen suchen und welche man ihnen, eventuell über Kooperation und Vernetzung, anbieten kann (z.B. Sporträume, Turnsäle, Tanzräume, etc.). Vor allem aber auch: „Wie kann man die Einrichtung besser sozialräumlich öffnen, um ihre Interessen aufzugreifen?“ (5. Ebene). Außerdem gilt es festzustellen, welche Chancen und Barrieren der Raumnutzung Jugendliche im Stadtteil vorfinden und welche Qualitäten eine sich öffnende sozialräumliche Jugendarbeit übernehmen könnte.

Viele dieser Fragestellungen werden indirekt durch das Cliquenraster beantwortet, wodurch es wesentliche Anhaltspunkte für eine gezielte Beobachtung der Zielgruppe im Sozialraum liefert. Werden diese Fragestellungen und Themenkreise im Zusammenhang mit dem Cliquenraster diskutiert, stellt das Cliquenraster ein zentrales Instrument in der Entwicklung der offenen Jugendarbeit dar und eröffnet dafür neue Handlungsfelder und Möglichkeiten in der Arbeit mit Jugendlichen.

Exkurs: Die bereits erprobte Anwendung des Cliquenrasters führt beispielsweise in Wien dazu, dass die einrichtungsbezogene Jugendarbeit mit einem herausreichenden Arbeitsansatz kombiniert wird. Dieser basiert darauf, dass die Komm-Struktur der einrichtungsbezogenen Jugendarbeit über eine Geh-Struktur – verbunden mit den notwendigen Ressourcen – in die Sozialräume der Jugendlichen erweitert wird (vgl. Krisch et al. 2012, S. 7 ff.). Durch zusätzliche Ressourcen, über welche die offene Jugendarbeit verfügt, ist es so auch möglich, die Infrastruktur im öffentlichen Raum zu verbessern.

2.3 Von „draußen“ zurück nach „drinnen“: Sozialräumlich-diversitätsorientierte Angebotsentwicklung in der Jugendarbeit

Aus sozialräumlicher Sicht wesentlich ist, dass JugendarbeiterInnen zunächst gefordert sind, einen Blick nach „draußen“ in den Sozialraum zu werfen. Von dieser Außenperspektive kommend, kann dann der Blick wieder zum „Drinnen“ der Angebote der Jugendarbeit gerichtet werden. Erst wenn man das „Draußen“ und die Aneignung Jugendlicher im Sozialraum versteht, wird ein diversitätsorientierter sozialräumlicher Blickwinkel eröffnet, welcher es der Jugendarbeit dann möglich macht,ihre Angebote entsprechend differenziert zu gestalten und zu positionieren und so ihre Angebote zu qualifizieren.

Um entsprechende Erkenntnisse durch die Analyse des Cliquenrasters zu gewinnen, bedarf es einer professionellen Auseinandersetzung der Inhalte und deren Reflexion. Dies erfordert bewusste Wahrnehmung, eine gute Verschriftlichung und detaillierte Ausformulierung sowie einen gemeinsamen Austausch über die Ergebnisse des Cliquenrasters im Team und nicht zuletzt eine gemeinsame Verständigung über die herausgearbeiteten Informationen zu den Cliquen, Peer Groups und Jugendkulturen. In diesem professionellen Dialog im Team geht es darum, gemeinsame Blickwinkel auf Jugendliche zu erarbeiten, wodurch ein diversitäts- und sozialräumlich orientierter Blickwinkel entfaltet wird, welcher in weiterer Folge die Entwicklung sozialpädagogischer Interventionen möglich macht. Auch bestünde die Möglichkeit, Jugendliche als ExpertInnen des Cliquenrasters heranzuziehen und mit ihnen die Einschätzungen der JugendarbeiterInnen zu diskutieren und zu kontrastieren. Dies führt zu einer Reflexion der Wahrnehmungen und könnte wiederum neue Zugänge und Blickwinkel aufzeigen.

Festzustellen ist, dass Cliquenraster und die diversitätsorientierte Auseinandersetzung mit verschiedenen Jugendkulturen wesentlich zur Förderung der Professionalisierung von Jugendarbeit beitragen können. Es weist Themen und Ansatzpunkte auf, an denen Jugendarbeit einhaken und gezielter weiterarbeiten kann. Wichtig ist hier ein sozialräumlicher sowie diversitätsorientierter Blickwinkel, wobei ersterer von den sozialräumlichen Aneignungsformen Jugendlicher und letzterer von der Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit dieser ausgeht.

3. Das Projektbeispiel: Cliquenraster „Rudolf-Bednar-Park, Wien, 2013“

Für die Anwendung eines Cliquenrasters sind vor allem zwei Erhebungsmethoden der qualitativen Sozialforschung wesentlich, nämlich die „Teilnehmende Beobachtung“ und die „Befragung“. „Über die Methode der teilnehmenden Beobachtung und/oder Befragung von einzelnen Cliquen werden die spezifischen Aneignungs- und Ausdrucksformen von Jugendkulturen in ihren sozialräumlichen Kontexten erkundet und sollten die Diversität von Jugend(en) und damit auch ihre unterschiedlichen Bedürfnisse, Problemstellungen und Sichtweisen abbilden“ (Krisch 2009,117). Es geht darum, ein Bild darüber zu schaffen, welche Jugendkulturen in einem bestimmten Sozialraum relevant und präsent sind, wobei kein Anspruch auf eine allumfassende Analyse besteht, sondern jene konstatierten Gruppen, Cliquen oder Szenen so dargestellt werden sollen, wie sie von den Beobachtenden und Befragenden wahrgenommen werden. Die Befragung ermöglicht es, Erklärungen und Beschreibungen von Jugendlichen über sich selbst und ihre Clique einzuholen. Die Beschreibung und Definition einer Clique im Cliquenraster entsteht schließlich durch die Interpretation der Beobachtungen und Befragungen des/der forschenden JugendarbeiterIn. In der anschließenden Diskussion im Team können Namen/Definitionen eventuell optimiert werden.

Der Name und die Definition einer Clique im Cliquenraster soll eine Annäherung an das sein, wodurch sich eine Gruppe auszeichnet. Häufig sind es auch zentrale Personen, durch die eine bestimmte Gruppe oder Clique definiert werden können. Es kommt vor, dass Cliquen nicht immer als vollständige Gruppe auftreten, weshalb es für die Beobachtung wichtig ist, sich auf zentrale Charaktere zu konzentrieren. Im Grunde können die Cliquen des Cliquenrasters willkürlich, ob durch Einzelpersonen, Merkmale oder anders, benannt werden, sollten jedoch möglichst nachvollziehbar und erklärbar sein.

3.1 Zum Rahmen der Projektdurchführung

Das folgende Cliquenraster, welches den Rudolf-Bednar-Park im 2. Bezirk Wiens vom Sommer 2013 abbildet, entstand im Rahmen der Parkbetreuung des Vereins Wiener Jugendzentren, ausgehend aus der Einrichtung Jugendtreff Nordbahnhof. Die Parkbetreuung fand von Anfang Mai bis Ende Oktober 2013 statt. Somit stand der Rudolf-Bednar-Park sechs Monate lang im Mittelpunkt der Beobachtung jener zwei JugendarbeiterInnen, die dort arbeiteten. Dieses Cliquenraster zeichnet sich durch eine Langzeitbeobachtung eines bestimmten Sozialraums und durch die intensive Auseinandersetzung mit den ihn sich aneignenden Jugendlichen aus.

Das hier auszugsweise beschriebene Cliquenraster beobachtet nicht nur jene Jugendlichen, welche an einem bestimmten Tag im Park präsent waren. Vielmehr wurde versucht, einige der in diesen sechs Monaten relevanten Cliquen, Gruppen und Szenen zusammenzufassen, um einen umfangreichen und diversitätsorientierten Blick auf alle Jugendlichen zu richten, welche sich den Park in diesem Zeitraum in unterschiedlicher Form aneigneten. Durch die Anwendung der Methode des Cliquenrasters konnten viele unterschiedliche Cliquen, Gruppen oder Szenen übersichtlich und anschaulich dargestellt werden. Dies ermöglichte es den JugendarbeiterInnen, einen besseren und umfassenderen Einblick in die im Sozialraum vorhandenen Jugendkulturen sowie die Bedürfnisse der Jugendlichen zu erlangen, und dadurch die Angebote im Park sowie in der Einrichtung hinsichtlich ihrer Zielgruppe der Jugendlichen zu qualifizieren.

3.2 Zur Umsetzung der Methode

Wie bereits erwähnt, zeichnet sich dieses Cliquenraster durch eine Langzeit-Beobachtung von ParkbetreuerInnen aus. Zusätzlich wurden während des gesamten Zeitraumes viele Gespräche mit den Jugendlichen geführt. Dies ermöglichte es, die Jugendlichen in Cliquen und Gruppen einzuteilen oder den jeweiligen Szenen zuzuordnen. Eine Herausforderung bei der Definition bestimmter Cliquen stellte die Abgrenzung gegenüber „anderen“ sowie die Einbeziehung einzelner Personen dar. Schließlich kam es häufig vor, dass nicht alle Mitglieder einer bestimmten Clique oder Gruppe gleichzeitig anwesend waren oder eben diese sich auch veränderten. Trotz allem konnten durch die teilnehmende Beobachtung gewisse Cliquen oder Gruppen und die dazugehörigen zentralen Personen stets angetroffen werden. Durch Gespräche mit den Jugendlichen wurden die wahrgenommenen Zugehörigkeiten schließlich geprüft, Annahmen verfestigt oder neuerlich beobachtet. Schlussendlich kristallisierten sich in den jeweiligen Cliquen oder Gruppen häufig zentrale Personen und deren Umfeld oder auch besonders wesentliche Merkmale einer Gruppe heraus, wodurch die Namen und Definitionen derer im Cliquenraster zustande kamen (siehe unten folgende Abbildung). Es ging nicht darum, ein umfassend korrektes Bild des Sozialraums Rudolf-Bednar-Park anzufertigen, sondern einen Überblick über relevante Jugendkulturen zu schaffen.

3.3 Zentrale Ergebnisse

Die folgende Abbildung des Cliquenrasters„Rudolf-Bednar-Park, Wien, 2013“ stellt eine Auswahl der beobachteten Gruppen, Cliquen und Szenen dar und soll als Beispiel dafür dienen, wie Gruppen benannt und beschrieben werden können und welche detaillierteren Informationen nun neue Zugänge zu den Jugendlichen erschließen können.

Cliquenraster „RUDOLF-BEDNAR-PARK, Wien, 2013“

Gruppe, Clique, Szene

Verhalten, Outfit, Musik, Weltbild, Sprache

Treffpunkte, Orte

Problemlagen, Bedürfnisse, Interessen, Stärken, Potenziale

Ansprüche, Anforderungen

GRUPPE „IVAN“

5-15 Personen

Mädchen & Burschen (1:1) ,

14-16 Jahre alt,

vorwiegend aus ehem. Jugoslawien, aber auch andere Nationalitäten vertreten,

die meisten gehen noch zur Schule

Gepflegtes Aussehen, „Styler“, legen großen Wert auf ihr Aussehen, Markenkleidung, besuchen Fitnesscenter, Burschen spielen gerne Fußball, sowohl Mädchen als auch Buben rauchen

Im Park treffen sie sich unter der überdachten Bank, Burschen kommen manchmal in den Fußballkäfig, treffen sich gelegentlich in der Milleniumcity zum „bummeln“

Langeweile, suchen Ort zum Abhängen mit der Gruppe und zum Fußballspielen,

bestehendes Konfliktpotenzial mit anderen Gruppen, Schlägereien im Park

Unserer Einschätzung nach besteht ein Wunsch nach Räumlichkeiten, um in der Gruppe abzuhängen und auch in der kalten Jahreszeit Fußball zu spielen

CLIQUE „GAGASCH“

1-5 Personen

Burschengruppe +1 Mädchen (Gagaschs Freundin),

Gagasch ist aus Aserbaidschan, die anderen sind aus der Türkei,

sind zwischen 17 und 21 Jahre alt,

sind zum Teil in Lehrausbildung, arbeitslos, Gagasch geht noch zur Schule

Sind die „Checker“ im Park, jeder kennt sie, hören gerne HipHop, schauen auf ihr Aussehen, gehen ins Fitnesscenter, hängen immer zusammen ab (Freundin nicht immer dabei), sehr enge Bindung,

Fußball ist ihnen sehr wichtig, kommen so oft es geht zum Fußball spielen in den Park, friedliche und freundliche Gruppe,

kiffen und Shisha rauchen

Treffen sich im Fußballkäfig und auf den Bänken unter dem Dach,

im Sommer sind sie viel im Stadion-Bad,

Fitnesscenter (McFit)

Orientierungslosigkeit, Arbeitslosigkeit, haben in jedem Fall schon Erfahrung mit weichen Drogen, hohe Sozialkompetenz, sind im Park ein zentraler Angelpunkt, jeder kennt sie, sie kennen jeden, Interesse an Fußball

Hätten gerne, dass der Fußballkäfig ständig offen und nutzbar wäre, bräuchten Ort/Raum zum Fußball spielen im Winter, suchen Raum zum miteinander abhängen, suchen Unterstützung bei Jobsuche, Lebenslauf verfassen, etc.

CLIQUE „GABRIEL“

1-6 Personen

Clique männlicher Jugendlicher , 4 sind verwandt miteinander, im Alter zwischen 15 und 18 Jahren,

2 gehen noch in die Schule,

3 machen eine Lehrausbildung

Hören gerne deutschen Gangster-Rap, achten auf ihr Aussehen, tragen Markenkleidung, haben immer neueste Handys/ Smartphones, spielen gerne Fußball und Basketball, hängen viel im Fußballkäfig ab

Kommen oft auch nur zum Schauen in den Park, „Sehen nach dem Rechten“, spazieren im Stadtteil herum, Treffpunkt Fußballkäfig

Sind sowohl Schlichter als auch Provokateure, Gabriel ist „Botschafter“ des Parks, kennt fast jeden im Park,

Gabriel ist motiviert, die Lehre fertig zu machen, aber auch sehr ausgelaugt,

hängen aus Langeweile im Park herum, kein/kaum Kontakt zu Mädchen,Lehrabbrüche, machen sich viele Gedanken über die Zukunft

 

Hätten gerne, dass der Fußballkäfig generell offen ist, bräuchten vielleicht Hilfe bei Lehr-, Stellenfindung, Bewerbungen,

suchen Ansprechpartner, Berater

CLIQUE „JUNGE PHILO-LIGA“

1-15 Personen

Burschen im Alter von 13-16 Jahren, gehen in die Schule, 2-3 Mädchen sind auch dabei (schauen nur zu),

kommen von überall her (aus ganz Wien)

 

 

Spielen im Basketballkäfig, wenn die Großen nicht da sind, sonst am Basketballplatz draußen, sind eher Hipster, weniger HipHop-Style, sehr gepflegtes Aussehen, achten darauf, wie sie aussehen, interessieren sich für NBA,

wirken, als kämen sie aus gutem Hause,

bleiben unter sich,sind nicht sehr kommunikativ nach außen

 

Basketballkäfig, treffen sich bestimmt auch an anderen Orten zum Basketball spielen

 

Interessieren sich für Basketball (NBA)

 

Brauchen/suchen Raum/Ort zum Basketball spielen,

Tanzen (speziell Sebi)

 

 

Abb.: Ausschnitt aus dem Cliquenraster „Rudolf-Bednar-Park, Wien, 2013“

Neben den zentralen Merkmalen und Interessen der Jugendlichen und ihrer Cliquen lassen sich nun insbesondere aus der fünften Rubrik „Ansprüche/Anforderungen“ wertvolle Hinweise für die weitere Angebotsentwicklung der Jugendarbeit in diesem Park und seinem Umfeld ziehen. Die Informationen und Anregungen werden in weiteren Teamdiskussionen nun aufgegriffen und dienen, unter weiterem Einbezug der betroffenen Gruppen, als wichtige Informationsgrundlage für die Entwicklung neuer und zukünftiger Angebote.

Literatur


Zitiervorschlag

Bauer, Teresa und Richard Krisch (2014): Das Cliquenraster „Rudolf-Bednar-Park, Wien, 2013“– Eine Methode der sozialräumlichen Jugendarbeit und ihre exemplarische Anwendung. In: sozialraum.de (6) Ausgabe 1/2014. URL: https://www.sozialraum.de/das-cliquenraster-rudolf-bednar-park-wien-2013.php, Datum des Zugriffs: 29.03.2024