Von der Sozialraumerkundung bis zur Projektumsetzung: Kinder und Jugendliche partizipieren in Projekten „Hoch vom Sofa!"

Detlef Graupner, Edda Laux, Heike Prüße

Einleitung

Sozialraum- und lebensweltbezogene Methoden in der Kinder- und Jugendarbeit haben das Ziel, soziale Räume sowie deren Qualitäten aus Sicht von Kindern und Jugendlichen zu erforschen. Oft werden diese Methoden so genutzt, dass Kinder und Jugendliche als ExpertInnen ihrer Lebenswelt angesprochen werden und ihr Wissen darüber, was in dieser Welt wichtig ist, auf diese Weise an Fachkräfte gelangt, die dies zur Planung bestimmter Angebote oder Infrastrukturen nutzen. Damit liegt der Prozess zwischen Sozialraumerkundung und der Realisierung von Angeboten oft außerhalb der Erfahrungswelt von Kindern und Jugendlichen. Sie haben dann nur die Möglichkeit, sich erst wieder als Nutzerinnen und Nutzer der Angebote zu beteiligen. Selten partizipieren sie kontinuierlich von der Sozialraumerkundung bis zur Projektumsetzung.

Doch genau das ist der Ansatz von „Hoch vom Sofa!"[1] , einem Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, das in den Jahren 2009 und 2010 modellhaft in Sachsen durchgeführt wurde. Die Kinder und Jugendlichen waren gefragt, z.B. durch eine Stadtteilbegehung oder mit Hilfe der Nadelmethode, Orte im Dorf, im Viertel oder in ihrer Stadt zu identifizieren, an denen sie etwas verändern wollen. Sie sammelten Ideen, wie z.B. die Belebung einer Brache, die Neugestaltung eines Spielplatzes oder die Neugründung eines Jugendraumes.
Um die Realisierbarkeit solcher Projektideen von vorneherein mitzudenken, bedurfte es der Unterstützung von Institutionen. Erst wenn ein Ortsrat, ein ortsansässiger Verein oder die Nachbarschaft hinter dem Vorhaben der Jugendlichen standen und diese durch konkrete Hilfe unterstützten, konnte aus einer Idee eine Neu- oder Umgestaltung folgen.

Von einigen ausgewählten „Hoch vom Sofa!" - Projekten wird hier berichtet.

1. Bedarfsermittlung anhand sozialraum- bzw. lebensweltbezogener Methoden mit Kindern und Jugendlichen

Die Auswahl von Methoden für Sozialraum- und Lebensweltanalysen mit Kindern und Jugendlichen ist groß. In der Praxis sind sie jedoch nicht lehrbuchartig anzuwenden. Vielmehr wurden in „Hoch vom Sofa!" - Projekten (Teil-) Methoden oder Kombinationen aus ihnen gebraucht. Gemeinsam war allen der kommunikative, aktivierende Charakter und das Ziel einer Gestaltung bzw. Änderung der vorgefundenen Praxis.

Folgende Beispiele zeigen, wie in verschiedenen Projekten vorgegangen wurde.

Wie geht es hier nun weiter? Methoden unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wecken Erwartungen bei ihnen. Um aber keine falschen, weil nicht realisierbaren Erwartungen zu wecken und keine Erfahrung des Scheiterns zu vermitteln, müssen Möglichkeiten und Grenzen der Projektumsetzung von vorneherein für die Jugendlichen transparent sein (dazu z.B. Deinet 2007: 58). Bei „Hoch vom Sofa" wurde deshalb mit Projektpartnern gearbeitet:

2. Keine Luftschlösser bauen - Projektplanung und Realisierung unter Beteiligung Jugendlicher und dem Zusammenwirken lokaler Akteure

Um sicherzustellen, dass die Ideen der Jugendlichen auch realisiert werden können, bedarf es der Unterstützung durch Erwachsene und Institutionen. Die „Hoch vom Sofa!"- Projekte konnten dann erfolgreich realisiert werden, wenn gemeinsames Handeln zwischen Akteuren im Sozialraum entstand.

3. Fazit

Mit „Hoch vom Sofa!" hat die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung die Erfahrung gemacht, dass Ortsbegehungen, die Nadelmethode oder das aktivierende Gespräch über (mögliche) Angebote vor Ort geeignete Methoden für Kinder und Jugendliche sind, um den eigenen Nahraum (wiederzu-)entdecken, ihn mit andern Augen zu sehen und ihn in einem kommunikativen Prozess neu zu bewerten. Jugendlichen kann die Realisierung von Projekten oder sogar die Einmischung in und die Aneignung von öffentlichen Planungs- und oder Gestaltungsprozessen nur gelingen, wenn sie dabei unterstützt und beraten werden.
Deshalb ist es wichtig, Realisierbarkeit und Entscheidungsspielräume von vorne herein mitzudenken. Dann können Projekte sozialraumbezogener Jugendarbeit Jugendlichen Orientierung, Identifikation mit ihrer Lebenswelt und Selbstwirksamkeitserfahrung vermitteln.

Literatur

Deinet, Ulrich (2007): Lebensweltanalyse - ein Beispiel raumbezogener Methoden aus der offenen Kinder- und Jugendarbeit. In: Kessl/ Reutlinger 2007, S. 57-73

Deinet, Ulrich; Krisch, Richard (2009): Stadtteilbegehung. In: sozialraum.de, Ausgabe 1/2009. URL: http://www.sozialraum.de/stadtteilbegehung.php, Datum des Zugriffs: 20.09.2010

Kessl, Fabian; Reutlinger, Christian (2007): Sozialraum. Eine Einführung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

Lüttringhaus, Maria; Richers, Hille (2007): Handbuch Aktivierende Befragung. Verlag Stiftung Mitarbeit, Bonn


Fußnote

[1] Hoch vom Sofa! ist eine Aktion der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit der Liga der freien Wohlfahrtsverbände Sachsen auf der Grundlage des Programms "TeilHABE ist mehr als TeilNAHME" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz.


Zitiervorschlag

Graupner, Detlef, Edda Laux und Heike Prüße (2010): Von der Sozialraumerkundung bis zur Projektumsetzung: Kinder und Jugendliche partizipieren in Projekten „Hoch vom Sofa!". In: sozialraum.de (2) Ausgabe 2/2010. URL: https://www.sozialraum.de/hoch-vom-sofa.php, Datum des Zugriffs: 28.03.2024