Editorial zur Ausgabe 1/2023
Liebe Leser:innen,
herzlich willkommen zur Ausgabe 1/2023 von sozialraum.de. Beginnend mit dieser Ausgabe wechseln wir auch den üblichen Erscheinungstermin. Bis zur Ausgabe 2/2021 erschien sozialraum.de immer zum Oktober eines Jahres. Mit der Ausgabe 1/2023 ändert sich der neue Erscheinungsmonat auf den Juni. Wir planen diesen Zeitpunkt dann auch für weitere Jahre so beizubehalten.
Die aktuelle Ausgabe 1/2023 versammelt insgesamt 17 neue Beiträge zum sozialräumlichen Denken und Handeln in der Sozialen Arbeit und den Sozialwissenschaften. Erneut spiegelt ihr thematisches Spektrum die Bandbreite, Vielfalt und inhaltliche Weiterentwicklung der Reflexions- und Handlungsfelder des sozialräumlichen Fachdiskurses wider.
Die Rubrik „Grundlagen" wird eingeleitet von einem Beitrag von Christian Reutlinger, in dem er ‚dem Sozialen‘ im Wiener Wohnungsbau historisch, konzeptionell und sozialraumanalytisch auf den Grund geht. Andreas Thiesen betrachtet die Rolle und das erweiterte Selbstverständnis von Gemeinwesenarbeit in einer als „transformativ“ und intersektional verstandenen Stadt. Wencke Lüttich widmet sich in ihrem Beitrag der Fragestellung, wo und in welcher Weise Macht in den Arbeiten von Jane Addams thematisiert wird und was daraus für die heutige Stadtentwicklung abgeleitet werden kann. Martin Becker stellt die zentralen Positionierungen der Neuen Leipzig Charta zur Stadtentwicklung dar und arbeitet deren Bedeutung für die Gemeinwesenarbeit heraus. Jochen Kibel betrachtet die unterschiedlichen Verständnisse einer raumzeitlichen Verfasstheit von Städten und leitet daraus die Notwendigkeit eines nicht-euklidischen Planungsverständnisses ab. Und Tobias Nägeli entwirft in seinem Beitrag ein theoriegeleitetes Kategoriensystem für Sozialraumanalysen, mit dem er deren bisheriges Gegenstandsverständnis konzeptionell erweitert.
Im Methodenkoffer stellen Lisa Scholten und Anne van Rießen die Reallabore als methodisches und dialogisches Setting der Ideen- und Wissensgewinnung dar und beschreiben deren Einsatz innerhalb eines sozialräumlichen Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur (Nicht-)Nutzung von Angeboten der Stadtteilarbeit.
Als Gast der Ausgabe wird das Londoner Settlement Toynbee Hall von Christian Spatscheck in seiner Geschichte, mit seinen Angeboten und seiner heutigen sozialräumlichen Einbindung im Londoner East End und betrachtet und analysiert.
In der Rubrik Projekte stellen Ulrich Deinet, Johannes Lünenschloß und Laura Petzold die Ergebnisse einer Erhebung an einer Düsseldorfer Ganztagesschule zu den subjektiven und lebensweltlichen Sichtweisen von Kindern zu Schule und Stadtteil vor. Christian Reutlinger und Katharina Röggla fassen in ihrem Beitrag Beobachtungen und Analysen zur dreißigjährigen Geschichte der spielorientierten Wiener Parkbetreuung für Kinder und Jugendliche zusammen. Stephan Höfer und Michael Noack erläutern die zentralen Ergebnisse ihrer Studie zu den Sichtweisen von Adressat:innen auf die sozialräumlich orientierten Hilfen zur Erziehung in der Stadt Rosenheim. Erik Theuerkauf und Jennifer Hübner berichten von den Ergebnissen einer ethnografischen Studie zu Aneignungsräumen junger Menschen in urbanen Innenhöfen und Fastfood-Restaurants. Werner Prinzjakowitsch und Manfred Zentner erläutern die Resultate der vergleichenden internationalen Studie „Youth in Urban Space“ zu den Bedarfen und Interessen junger Menschen rund um die Aufenthaltsorte im öffentlichen Raum in vier europäischen Städten. Helga Pelizäus und Annette Franke arbeiten in ihrem Beitrag die Bedeutungen von räumlichen Relationen bei familiären Pflegetätigkeiten mit räumlicher Distanz (Distance Caregiving) aus der Sicht der pflegenden Angehörigen heraus. Und Anna-Lena Mädge fokussiert in ihrem Beitrag die Frage, wie sozialräumlich vernetzte Unterstützungsangebote die Übergänge junger Menschen von der Primar- zur Sekundarschule unterstützen und begleiten können.
In der Rubrik Praxis widmet sich Diana Lölsdorf der Frage, wie offene und verdeckte Bedarfe in der Gemeinwesenarbeit beteiligungsorientierter erschlossen werden können und Clara Röhrig beschreibt die Bremer Ausstellung „Architektur für Alle?!“, die die historische und aktuelle Rolle von Frauen in der Stadtplanung und Architektur und die „Reflexion über den patriarchalen Normalzustand“ zu ihrem Gegenstand hat.
Wir wünschen nun erneut viel Freude beim Lesen und eine anregende Beschäftigung mit den Beiträgen dieser Ausgabe.
Bremen, Düsseldorf, St.Gallen, Wien im Juni 2023
Christian Spatscheck, Ulrich Deinet, Christian Reutlinger, Richard Krisch