Mapping Interactions – Wirklichkeitskonstruktion durch Onlinekarten
Darius Brockhaus, Jeannine Wintzer
Die Konstruktionsmacht von Karten ist in einer durch digitale (Geo-)Medien durchdrungenen Gesellschaft größer denn je. Der folgende Beitrag untersucht wie multimodale, interaktive und dynamische Onlinekarten das Phänomen Migrationskrise herstellen. Informiert durch die Kritische Kartographie und unter Anwendung text- und sozialsemiotischer Methoden wird deutlich, dass die untersuchten Onlinekarten eine Abgrenzung Europas nach Außen konstruieren. In Folge dessen stellen Migration und Flucht ein räumliches Eindringen eines homogenisierten Flüchtlingsstroms dar. Die durch Interaktion mit der Karte suggerierte Überprüfbarkeit scheinbarer sozialräumlicher Tatsachen stellt neue Evidenzen onlinekartographischer Visualisierungen her. Deren Konstruktionsmacht bleibt in den Händen der Produzierenden, wodurch Rezipierenden bzw. Flüchtenden die Mitwirkung an der onlinekartographischen Kommunikation zu Flucht und Migration verwehrt bleibt.
1. Einleitung: Flucht und Flüchtende kartographisch visualisieren
Im Juli 2015 regt die Onlinekarte Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft (Abbildung 1) eine Diskussion über den Umgang mit Flüchtenden in deutschen Print- und Fernsehmedien an (z. B. Spiegel Online 2015; Zeit Online 2015). Die Gruppe Der III. Weg will als Urheber „auf die uferlose Überfremdung unserer Heimat aufmerksam machen und mittels digitaler Karten verbildlichen, wie landauf, landab immer weitere Asylantenheime errichtet werden“ (Der Dritte Weg 2015).
Abbildung 1: Adressen bestehender oder geplanter Asylzentren in Deutschland, entstanden im Rahmen des Projektes ‚Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft’ auf Google Maps (Der Dritte Weg 2018)
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Die in der Karte eingetragenen Adressen bestehender und geplanter Asylzentren in Deutschland zeigen eine räumliche Verteilung der Aufenthaltsorte von Flüchtenden und suggerieren das Bild eines von Asylantenheimen bedeckten Deutschlands. Auf der Karte wird zudem dazu aufgerufen, bei der Erfassung von weiteren Asylzentren mitzuwirken. Die Anbieterfirma Google entfernte die Karte nach breiter Kritik vorübergehend, da sie Übergriffe und Hass auf Flüchtende fördere (Zeit Online 2015). Aktuell ist sie wieder zugänglich, da die UrheberInnen inzwischen argumentieren: „Wir bejahen den grundsätzlichen Anspruch auf Asyl, lehnen aber Asylmissbrauch kategorisch ab“ (Der Dritte Weg 2018).
Das Begriffspaar Onlinekarte/Onlinekartographie wird als Erweiterung zu den häufiger verwendeten Begriffen digitale Karte/digitale Kartographie und Internetkarte/Internetkartographie verwendet. Der Begriff Onlinekartographie schließt im Gegensatz zu diesen weniger präzisen Bezeichnungen (Abend 2013) neben der Digitalisierung, Produktion und Verbreitung von Karten im Internet auch die fortwährende Aktualisierung des Kartenmaterials ein, welche nur online möglich ist.
Ausgangspunkt der Kontroverse sind die seit 2015 stark angestiegenen Migrationsbewegungen nach Europa (Europäische Kommission 2017), die in den Medien als Flüchtlingskrise diskutiert werden. Dabei spielen Visualisierungen wie Fotos und Diagramme für die Darstellung und Konstruktion von Flüchtenden eine zentrale Rolle (Almstadt 2017; Chwiejda 2018). Als Instrumente der Vermittlung sozialräumlicher Inhalte wie Migration kommt insbesondere Karten große Bedeutung zu. Diese lässt sich auf ihren hohen Realitätsanspruch (Schlottmann 2013: 94) und ihre visuelle Überzeugungskraft (Michel 2010: 11) zurückführen. Durch die scheinbaren Evidenzen der kartographischen Darstellung wird Wirklichkeit produziert, die die sozialräumlichen Vorstellungen von Migration beeinflusst.
Die wirklichkeitsherstellende Macht von Karten sowie die ihnen zugrundeliegenden Wahrheitsansprüche sind Gegenstände der Kritischen Kartographie (Peters 1976; Tuan 1979; Harvey 1989; Wood/Fels 1992). Als soziale Produkte halten Karten die Weltsicht und Argumentationsmuster der Kartenproduzierenden fest und reproduzieren gleichsam die so hergestellten sozialräumlichen Wirklichkeiten (Harley 1988; 1989[2011]). Auf diese Weise beeinflussen Karten das Denken über und das Handeln in der Welt (Glasze 2009: 181f.). Neben dieser Konstruktionsmacht verdeutlicht das Projekt Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft die Veränderungen der kartographischen Produktions-, Distributions- und Rezeptionspraktiken im Zuge des Internets und des Webs 2.0. Karten sind im letzten Jahrzehnt zu dominierenden Schnittstellen (Döring/Thielmann 2009b: 34) einer zunehmend auf räumliche Bezüge fokussierten Alltagswelt aufgestiegen (Gryl et al. 2013: 10). Sie werden, dank einfach bedienbarer Kartenerstellungswerkzeuge (Haklay et al. 2008; Peterson 2015), von einem immer breiteren Personenkreis mit unterschiedlichen Werten und Interessen hergestellt (Gryl et al. 2013: 15).
Internetdienste vereinfachen die Kollaborations- und Bearbeitungsmöglichkeiten und ermöglichen eine fortwährende – für Rezipierende meist nicht transparente – Anpassung der Inhalte von Onlinekarten sowie der zugrundeliegenden Geodaten (Bittner/Michel 2013: 116, 122). Abgesehen von dieser Dynamik unterscheiden sich Onlinekarten durch Interaktionsmöglichkeiten von ihrem analogen Pendant (Thielmann 2013; Bittner/Michel 2013). Elemente wie aufklappbare Menüs und Legenden, die Anpassung des Maßstabs durch Zoomen, das Filtern der Inhalte über An- und Abwählen von Datenlayern sowie verlinkte Informationen bieten Nutzenden eine individuelle Erschließung von zunehmend multimodalen kartographischen Inhalten.
Diese neuen Formen der Produktion, Distribution und Rezeption von Onlinekarten werden unter dem Begriff Neogeographie zusammengefasst. Diese Praktiken gewinnen im Zuge weiterer technischer Entwicklungen an Bedeutung, was eine kritische Betrachtung der mit ihnen verbundenen Machtstrukturen und Realitätsansprüche unumgänglich macht. Seit den 2000er-Jahren beschäftigen sich (geographische) Beiträge kritisch mit den neu entstehenden sozialraumbezogenen Praktiken und technologischen Entwicklungen von digitaler Kommunikation (z. B. Flanagin/Metzger 2008; Haklay et al. 2008; Crampton 2009; Döring/Thielmann 2009a; Dodge/Kitchin 2013; Roche et al. 2013; Byrne/Pickard 2016). Ihr Fokus liegt meist auf den Entstehungskontexten von Onlinekarten; Spezifika wie Multimodalität, Dynamik und Interaktivität werden selten untersucht (z. B. Bittner/Michel 2013). Wie Onlinekarten Wirklichkeit konstruieren und welche Rolle Interaktivität, Multimodalität und Dynamik dabei spielen, sind Fragen, die bisher unbeantwortet bleiben. Hier knüpft die vorliegende Beitrag an und fragt: (1) Welche sozialräumliche Wirklichkeit vermitteln Onlinekarten in Bezug auf Migration und Flucht? (2) Wie wird diese Wirklichkeitskonstruktion durch Interaktivität, Dynamik und Multimodalität beeinflusst?
2. Interaktivität, Dynamik und Multimodalität: Neogeographie
Die zivile Nutzung der Satellitentechnologie, der Wechsel zum Web 2.0 und die Verbreitung mobiler, GPS-fähiger Geräte (insbesondere Smartphones) in einer zunehmend digitalen Gesellschaft bilden die Basis eines von räumlichen Daten durchdrungenen Webs – des sogenannten geospatial web (Geoweb). Im Geoweb haben sich die kartographischen Praktiken erheblich verändert. Diese Veränderung wird unter dem Begriff Neogeographie (Turner 2006) zusammengefasst und bezeichnet die (oft kollaborative) Produktion und Verarbeitung räumlicher Daten und Informationen durch Nutzende (Gryl et al. 2013: 15). Dabei ist Neogeographie ein populärer Begriff unter vielen für das Gesamtphänomen. Beispielsweise werden auch volunteered geographic information(Goodchild 2007), web mapping, wiki-mapping, ubiquitous cartography (Elwood 2008) sowie spatial media, spatial crowdsourcing, geocollaboration und map hacking (Crampton 2009) verwendet. Da im Geoweb die Erfolgskriterien der Massenmedien auf kartographische Produkte übertragen werden, (Döring/Thielmann 2009b: 34), lässt sich Neogeographie spezifischer als „ein Set von Praktiken [definieren], die außerhalb wissenschaftlicher Standards und Methoden auf die persönliche, intuitive, idiosynkratrische Anwendung geospatialer Techniken zielen“ (ebd.: 33).
Die erste Antriebskraft der Neogeographie ist die fortschreitende Entwicklung der Satellitentechnologie bzw. deren zivilen Nutzung (Geppert 2007; Gordon 2009; Schwoch 2009). Die ab den 1960er-Jahren beinahe ausschließlich für militärische Zwecke genutzte Luftfotographie (Dalton 2013: 264f.; Wilken/Goggin 2015) stand der Zivilgesellschaft erst mit der 2001 entwickelten Software Earth Viewer (ab 2005 Google Earth) zur Verfügung (Dalton 2013: 265–268). Diese Software und die Plattform Google Maps ebnen den Weg für die starke Verbreitung von geografischen Informationssystemen (GIS) und digitalen Karten im World Wide Web (Haklay et al. 2008). Zweitens ist die Entwicklung vom Web 1.0 zum Web 2.0. zu nennen. Michael F. Goodchild (2007: 27) beschreibt den ab 2005 vollzogenen Wechsel: “The early Web was primarily one-directional, allowing a large number of users to view the contents of a comparatively small number of sites, the new Web 2.0 is a bi-directional collaboration in which users are able to interact with and provide information to central sites, and to see that information collated and made available to others”.
Damit ist sowohl der Konsum als auch die Produktion von (interaktiven) Webinhalten nun grundsätzlich für alle Personen mit Internetzugang möglich (vgl. Norris 2001). Diese Verschmelzung von Nutzenden und Produzierenden wird mit dem Begriff Produtzer umschrieben (Gryl et al. 2013: 99; vgl. Bruns 2008). In Bezug auf Karten zeigt sich der Wechsel zum Web 2.0 insbesondere bei Google und anderen Anbieterfirmen von Online-Kartenanwendungen (z. B. Yahoo!, Microsoft), welche ihre Nutzer und Nutzerinnen seit dem Jahr 2005 befähigen, mit Hilfe von application programming interfaces (APIs) [1] eigene Karten zu erstellen (Dalton 2013: 270). Die dadurch ermöglichten map mashups [2] eröffnen insbesondere Laien und Laiinnen neue Verknüpfungen zwischen räumlichen und anderen Daten. „These technologies have provided the ingredients for a new type of Web mapping“ (Haklay et al. 2008: 2020).
Die Etablierung der GPS-Lokalisierung als technischen Standard für mobile Geräte (Wilken/Goggin 2015: 2–7) sowie die Mobilisierung des Internets durch die Entwicklung des Smartphones (Gryl et al. 2013: 9f.) haben drittens eine Ausweitung der Kartierungs- und Verortungspraxen zur Folge. Die Nutzung der Ortsbestimmung zur Navigation oder anderen räumlichen Anwendungen bedeutet ein Preisgeben des eigenen Standortes, womit sich die Quellen räumlicher Informationen vervielfachen. Die gesteigerte Anzahl räumlicher Anwendungen, allen voran Karten, beruht gleichzeitig auf der Durchdringung des Alltags durch das Internet. Die Verbreitung sozialer Online-Netzwerke ist dabei nur eines der Phänomene an denen abgelesen werden kann, „dass wir uns bei der Nutzung des Internets nicht etwa in eine virtuelle Parallelwelt begeben (…), sondern unseren Alltag (…) digital erweitern“ (Gryl et al. 2013: 10). Digitale Karten nehmen in dieser verstärkt auf räumliche Bezüge fokussierten Lebenswelt eine besondere Stellung ein. Denn die „räumliche Kontextualisierung von nahezu jeder Information und das Fungieren digitaler Karten als Informations- und Kommunikationsschnittstellen (…) führen zu einer ‚Re-Verräumlichung’ des Alltags und konstituieren neue geo-codierte Räume“ (ebd.: 18; Herv. i. Orig.).
Die Pluralisierung der Gebrauchs- und Herstellungspraxen erhöht das Bedürfnis nach einer kritisch-reflexiven Sichtweise auf Onlinekarten und deren Macht, denn es erweitern sich in einer digitalen Gesellschaft die Verbreitungsmöglichkeiten und die potenzielle Reichweite von kartographisch hergestellten Diskursen erheblich. Diskurse lassen sich als überindividuelle Denk- und Handelsmuster verstehen, welche Georg Glasze und Annika Mattissek (2009b: 2) mit Bezug auf Foucault auch als „die Verbindung von symbolischen Praktiken (Sprach- und Zeichengebrauch), materiellen Gegebenheiten und sozialen Institutionen“ beschreiben. Das Web 2.0 ermöglicht eine verstärkte Kollaboration bei der Produktion von Onlinekarten, weshalb sich viele dieser Karten durch eine multiple und diffuse AutorInnenschaft mit unterschiedlichen Interessen, Wert- und Weltvorstellungen auszeichnen. Die Inhalte von Onlinekarten werden nicht mehr primär an wissenschaftlichen Kriterien gemessen und unterliegen in mehrfacher Hinsicht einer (mehr oder weniger) ausgeprägten Dynamik. Diese besteht in erster Linie aus einer produktionsbezogenen bzw. dauerhaften Komponente (z. B. Aktualisierung und Veränderung der Inhalte bzw. der Basiskarte) und einer interaktiven bzw. kurzfristigen Komponente (z. B. kurzfristige Veränderung der Kartendarstellung und -inhalte durch Interaktionen). Diese Arbeit fokussiert auf letztere Komponente. Die interaktive Erschließung stellt eine weitere wichtige Besonderheit von Onlinekarten dar, wobei Dynamik und Interaktivität stark miteinander verwoben sein können.
Durch diese Eigenschaften und den enormen Zuwachs an geocodierten Daten ermöglicht Onlinekartographie nicht nur eine tiefergehende Betrachtung der Welt (Thielmann 2013: 41), sondern auch die Erkennung neuer räumlicher und zeitlicher Zusammenhänge (Pickles 2004). Dahinter steht insbesondere das schichtenartige Übereinanderlegen verschiedener georeferenzierter Daten (layer-Konzept). Dies wird durch die Hyperlink-Struktur ergänzt, welche Martin Dodge et al. (2008: 5) als das neue zentrale Paradigma digitaler Geovisualisierungen bezeichnen. Viele Kontextinformationen werden nicht mehr von Anfang an dargestellt, sondern sind verlinkt. Onlinekarten erfordern bereits aufgrund dieser Struktur eine interaktive Erschließung.
Diese Interaktionsmöglichkeiten bedeuten eine initiale Verdeckung von Karteninhalten und Zusatzinformationen, die auf Papierkarten noch auf einen Blick sichtbar waren (Thielmann 2013: 41). Aus Perspektive der Kritischen Kartographie zeigt sich, dass gerade solche Auslassungen Teil der kartographisch produzierten Wirklichkeit sind. Mit Bezug auf poststrukturalistische und konstruktivistische Grundhaltungen versteht sich die Kritische Kartographie als Abgrenzung zur realistischen Konzeption von Karten und der Idee, Karten seien maßstabsgetreue Abbildungen der (räumlichen) Wirklichkeit. Dieser Anspruch lässt sich auf den „Modus der Wissenschaft“ (Schlottmann/Miggelbrink 2009: 14) zurückführen, in dem sie hergestellt und rezipiert werden. Diese vermeintliche Evidenz führt dazu, „dass Karten vielfach als ‚wahr’ und als Abbildungen einer bestimmten – der – Wirklichkeit interpretiert werden“ (Glasze 2009: 185; Herv. i. Orig.). Im Gegensatz hierzu analysiert die Kritische Kartographie Karten als Widerspiegelungen gesellschaftlicher (Macht-)Strukturen (Glasze 2009; Bittner/Michel 2013). Hierfür grundlegend sind die Arbeiten von Brian Harley (1988; 1989[2011]). Durch die Analyse historischer Karten kann er mit Bezug zu Jacques Derrida und Michel Foucault festhalten, dass Kartenproduzierende neben physischen Merkmalen der Erdoberfläche genauso häufig die gesellschaftlichen Ordnungen dokumentieren und damit auch reproduzieren. Karten beinhalten jedoch nicht nur eine bestimmte Sicht auf die Welt, sondern sie produzieren diese Welt gleichsam. Die in Weltkarten weit verbreitete Ethnozentrizität – die Platzierung des Territoriums der eigenen Gesellschaft im Zentrum der Karte (Harley 1989[2011]: 279f.) – ist ein Beispiel für diese Erkenntnis der Kritischen Kartographie.
Als Instrumente der Herstellung von Weltwissen beeinflussen Karten das Denken und Handeln. Diese Macht beruht auf ihrer Bildhaftigkeit: Während sprachliche Zeichen ihren Sinn nur durch Konventionen erhalten und – außer als Symbole – keine inhärenten Werte besitzen (Langer 1984: 83), können Bilder durch ihre Ähnlichkeit zu einem Referenzobjekt (Ikonizität) „auch ‚an sich’ betrachtet werden“ (Michel 2006: 57; Herv. i. Orig.). Zum anderen verfügen visuelle Produkte wie Karten im Gegensatz zur Sprache nicht über eine lineare, „narrative Sukzession“ (Imdahl 1994: 309), sondern besitzen eine simultan wahrnehmbare Sinnstruktur (Simultanität). Diese Bildhaftigkeit unterscheidet Karten von sprachlichen Zeichensystemen und verleiht ihnen eine spezifische Vergegenwärtigungskraft (ebd.: 309f.).
Dass Karten nicht ausschliesslich als Bilder verstanden werden können, zeigt sich anhand ihrer multimodalen Inszenierungspraktiken. Karten – und im besonderen Maße Onlinekarten (Fraas et al. 2014: 102 f.) – bedienen sich verschiedener Zeichenressourcen bzw. -typen, die sie zu einem Text integrieren (Kress/van Leeuwen 2006). Entsprechend argumentieren Jörg Mose und Anke Strüver (2009) mit Bezug auf Harley für ein textuelles Verständnis von Karten. Dies gründen sie auf die Beobachtung, dass sich Karten durch einen hohen Formalisierungsgrad auszeichnen (z. B. Darstellung von Wasser in Blau; Verwendung spezifischer Symboliken für Siedlungen und Verkehr) und somit konventionalisierte Zeichensysteme sind. Als visueller Text werden Karten dekonstruierbar, da sie „Teil diskursiver Formationen, symbolischer Ordnungen und Macht-Wissen-Komplexe [sind], und [sich] die Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem (…) auf keine Wesenhaftigkeit stützen [kann]“ (Michel 2010: 7).
Zusammengefasst zeichnen sich mittels Onlinekarten hergestellte Wirklichkeitskonstruktionen durch ihre spezifischen medialen Möglichkeiten der Hypertextualität, Interaktivität, Multimodalität und Dynamik aus. Sie können von den Rezipierenden interaktiv mitgeformt werden, auch wenn das Ausmaß dieser Mitbestimmung theoretisch durch die Produzierenden bzw. die Anbieterfirma vorgegeben bleibt (Clampton 2010: 94). Interaktionen können also beeinflussen, wie mit Karten Macht ausgeübt wird. Diese Konstruktionsmacht kann mithilfe sozialsemiotischer und textsemantischer Ansätze einer kritischen Untersuchung zugänglich gemacht werden.
3. Zeichen-Konventionen: Sozialsemiotik und Textsemantik
Im Zuge des visual turn werden die Gebrauchs- und Herstellungspraxen von (geographischen) Visualisierungen ins Zentrum der wissenschaftlichen, kritischen Reflexion gerückt. Die Analyse der visuellen Anteile von Onlinekarten wird in dieser Arbeit über die Sozialsemiotik ermöglicht, während die Korrespondenzen zu sprachlichen Elementen über das Textsemantische Analyseraster (TexSem) erschlossen werden. Dieses Vorgehen hat die Dekonstruktion der angesprochenen Deutungslogiken und Machtstrukturen zum Ziel.
Die Sozialsemiotik beinhaltet neben einem multimodalen Verständnis die Grundannahme, dass Zeichen und Codes [3] ein „dynamisches und flexibles Repertoire (…) [sind, das] Zeichenbenutzer im Gebrauch herstellen, reproduzieren, beständig umformen und erweitern“ (Stöckl 2014: 393). Aus der sozialsemiotischen Analyse ergeben sich somit niemals feste Bedeutungen, sondern Interpretationsmöglichkeiten bzw. Bedeutungspotenziale. In Bezug auf die Analyse bedeutet dies keineswegs die Akzeptanz einer rein subjektiven Interpretation. Mit dieser Sichtweise wird lediglich die soziokulturelle Prägung und Wandelbarkeit der Zeicheninterpretation betont (Klug 2013: 172f.). Auch sind „individuelle Lesarten bzw. aufmerksamkeitsbedingte Wahrnehmungsunterschiede (…) im Prozess des Textverstehens natürlich vorauszusetzen“ (Stöckl 2004: 245).
Ein Grundsatz der sozialsemiotischen Methodik ist, „dass es in Bildern formale, d. h. graphisch-visuelle Konfigurationen oder Muster gibt, denen die Betrachter mehr oder weniger stabile soziale Bedeutungen (Funktionen) zuschreiben“ (Stöckl 2014: 394). Es geht somit weniger um eine rein ikonographische und ikonologische Interpretation einzelner Bildelemente auf denotativer und konnotativer Ebene. Vielmehr stehen die Bedeutungspotenziale der Regelmäßigkeiten visueller Produkte im Vordergrund. In ihrem Werk Reading Images – The Grammar of Visual Design stellen Gunter Kress und Theo van Leeuwen (2006) eine Systematik dieser Regelmäßigkeiten (visuelle ‚Grammatik’) auf. Die Bedeutungskonstruktion von visuellen Produkten findet gemäss der Autoren auf drei Ebenen statt. Die (1) Repräsentationsebene beinhaltet Aussagen über erkennbare Objekte und deren Beziehungen. Dies schliesst sowohl angedeutete Handlungen und Prozesse, als auch statische Gegenüberstellungen ein. Auf der (2) Interaktionsebene wird die relative (soziale) Positionierung der Betrachtenden zum Dargestellten hergestellt; das Dargestellte interagiert durch bestimmte Techniken und Merkmale mit den Betrachtenden (z. B. direkte Aufforderung, Distanz). Die (3) Kompositionsebene befasst sich mit den Regelmäßigkeiten und Strukturen, durch welche sich dargestellte Elemente aufeinander beziehen bzw. voneinander abgrenzen (Tabelle 1).
Wie Hartmut Stöckl (2014: 396) anmerkt, hat die Systematik von Kress und van Leeuwen (2006) einen stark typologischen Charakter, wodurch nahegelegt wird, dass die Analyseebenen immer klar voneinander zu unterscheiden sind und sich visuelle Produkte basierend auf diesen Mustern einem bestimmten Typ zuordnen lassen. Diese scheinbare Eindeutigkeit widerspricht dem Verständnis von Bedeutungspotenzialen (Stöckl 2014: 396), weshalb die sozialsemiotische Bildanalyse im Rahmen dieser Untersuchung nicht als starres Kategoriensystem angewendet wird, sondern der reflektierten Interpretation und Dekonstruktion dient. Die Grenzen der Ebenen sind damit als fliessend zu verstehen.
Weitere methodische Herausforderungen ergeben sich aus der Verwobenheit von sprachlichen und visuellen semiotischen Modi (Kress/van Leeuwen 2006) im onlinekartographischen Text. Während der Entwurf von Kress und van Leeuwen zwar eine systematische Analyse visuellen Materials und der kompositionellen Zusammenhänge eines visuellen Textes ermöglicht, spielt dabei „die mit Bildern verbundene Sprache und ein Blick auf die Struktur der Gesamttexte (…) so gut wie keine Rolle“ (Stöckl 2004: 16). Sprachlich-visuelle Verbindungen können jedoch – beispielsweise in Form von Überschriften oder Bildunterschriften – eine explizit semantische bzw. strukturelle Funktion erfüllen (Stöckl 2004: 300). Neben der Analyse der einzelnen Modi gilt es daher, die „bedeutungsstiftende Korrespondenz“ zwischen Zeichensystemen (Fraas et al. 2014: 118) mit zu erfassen.
Zu diesem Zweck werden drei ergänzende Analysekategorien verwendet, die sich an das kombinierte Textsemantische Analyseraster (TexSem) von Nina-Maria Klug (2013) anlehnen (Tabelle 2). Wie die Autorin anmerkt, sind die Kategorien nicht als starre Analysevorgabe, sondern eher als Gedanken-Stütze zu verstehen. Im Gegensatz zum sozialsemiotischen Raster werden diese daher nicht systematisch bearbeitet. Vielmehr dienen sie einer reflektierten Analyse der sprachlichen Texte, deren Bezügen zu visuellen Texten und ihrer Funktion im Gesamttext. Die dadurch herausgearbeiteten diskursiven Aussagen werden zusammen mit jenen der sozialsemiotischen Analyse in die Interpretation einbezogen und entsprechend dokumentiert.
Wie Mose und Strüver (2009: 320) bemerken, ist die Trennung von Beschreibung und Interpretation keineswegs trivial. Die soziokulturelle Prägung des Sinngebungsprozesses erfordert ein hohes Mass an fortwährender Hinterfragung der „implizit verwendete[n] Kategorien und Interpretationen“ der Forschenden. Die Abstraktionsebene der Beschreibungen muss daher sukzessive angepasst werden, bis kritisch reflektierte Interpretationen möglich sind. Die kontinuierliche Schulung des Blickes bewirkt zudem, dass für später analysierte Karten eine differenziertere Betrachtung möglich ist. Mit zunehmender Routine stellt sich gleichzeitig eine schnellere Erkennung (vermeintlicher) Muster ein, was nach jeder Karte zu einem leicht veränderten Blickwinkel und zusätzlichem Kontextwissen führt.
Tabelle 1: Verwendete Analysekategorien der sozialsemiotischen Bildanalyse (in Anlehnung an Stöckl 2014: 394-396; Kress/van Leeuwen 2006)
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Tabelle 2: Ausgewählte Kategorien des Textsemantischen Analyserasters (Klug 2013: 172,174f.; eigene Anpassungen)
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4. Mapping Interactions
4.1 Flucht als sozialräumlicher Prozess
In den untersuchten Onlinekarten wird Flucht in erster Linie über die Abgrenzung verschiedener Sozialräume (Bewegung von Nicht-Europa nach Europa) hergestellt. Die Ausgangskarten von Onlinekarten machen nur selten konkrete Aussagen dazu, welches Gebiet Europa umfasst. Meist bestehen Andeutungen durch den Kartenausschnitt (Zentrierung einer bestimmten Landmasse) sowie die mit Daten (z. B. eingefärbte Flächen oder Kreise) und Grenzlinien versehenen Staaten. Insbesondere die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei sowie die Grenze Russlands werden in einigen Karten als Grenze zum nicht-europäischen Raum konstruiert. In Abbildung 2 erzeugt der Kontrast zwischen den durch Linien abgetrennten Staaten und den Landflächen ohne eingezeichnete politische Grenzen eine solche virtuelle europäische Grenzlinie. Dies wird durch die narrativen Strukturen der Pfeile unterstützt, welche in Korrespondenz mit dem Titel „Fluchtrouten - wie politische Entscheidungen die Wege nach Europa verändern“ein klares ‚Hinein’ und somit ein ‚Drinnen’ und ‚Draussen’ konstruieren. Auch das (zentrale) Mittelmeer hebt sich als Grenze Europas ab, welche in Abbildung 3 anhand hoher Todes- und Vermisstenzahlen als der gefährlichste Weg für Flüchtende nach Europa dargestellt wird.
Abbildung 2: Verschiedene Stadien der Karte „Fluchtrouten - wie politische Entscheidungen die Wege nach Europa verändern“ (taz.de 2016); oben: Ausgangskarte (Januar 2014), Mitte: November 2015, unten: Mai 2016
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Abbildung 3: Karte der Todes- und Vermisstenzahlen nach Europa reisender MigrantInnen; links: Ausgangskarte mit den Daten für 2015; rechts: Karte nach Interaktion (Auswahl des Jahres 2014 durch Verschieben der Zeitachse)(Fattori/Grandin 2015)
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Interaktionen unterstützen die Konstruktion dieser Grenzen in erster Linie durch sprachliche Ergänzungstexte, welche oft durch Klicken auf die Staatsflächen angezeigt werden (z. B. Abbildung 4). Statt über visuelle Hervorhebungen wird Europa beispielsweise über die Ankunft der Flüchtenden in Europa umschrieben: „In Italien betreten viele Flüchtlinge erstmals europäischen Boden“ (Moering 2015). Als Ankunftsländer oder Grenzstaaten Europas lassen sich so Griechenland und Italien festhalten. Durch solche Interaktionen werden für den Diskurs Migrationskrise bedeutende Grenzen hervorgehoben.
Abbildung 4: Ausgewählte europäische Staaten und ihre Politik bezüglich Flüchtenden (Moering 2015); Das dunkelgraue Textfeld erscheint durch Klicken auf das jeweilige Staatsgebiet.
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Die in Abbildung 3 ersichtlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Jahren 2014 und 2015 ermöglichen weitere Aussagen: Einerseits ähnelt sich die räumliche Verteilung der toten und vermissten MigrantInnen in den beiden Jahren stark. Die interaktiv erschlossene Datenlayer bekräftigt somit die Gefahr des zentralen Mittelmeers, des Meeresübergangs Marokko/Spanien und der Küste der Türkei. Dies wird durch die farbliche Korrespondenz zwischen dem Wort Migrants, der großen Zahl und den eingetragenen Ereignissen (Kreise) verstärkt, welche gemeinsam eine hohe Signalwirkung erzeugen. Andererseits sind für das Jahr 2015 mehr Ereignisse im Landesinneren eingezeichnet (Griechenland, Mazedonien, Ungarn). Eine mögliche Interpretation dieses räumlichen Musters ist eine Zunahme der Migrationsbewegungen durch den Balkan im Jahr 2015. Andere sprachliche Texte, in welchen die Grenzschliessung Griechenlands und anderer Staaten erwähnt wird, konstruieren zudem das Bild einer aktiven Abgrenzung Europas gegenüber der Türkei.
Anhand dieser Beispiele zeigt sich, dass Interaktionen einen grösseren Kontext aufspannen, innerhalb dessen die Ausgangskarte interpretiert werden kann. Insbesondere ermöglichen sie einen zeitlichen und räumlichen Vergleich der diskursiven Aussagen und fügen ihnen spezifischere Inhalte hinzu.
4.2 Flüchtende als homogene Gruppe
Mit der Darstellung von Flucht als invasiver Prozess geht eine Homogenisierung flüchtender Menschen einher. Dies zeigt sich insbesondere in Bezug auf die geographische Herkunft, die Ziele und die Routen von Flüchtenden.
Die Herkunft wird (Abbildung 2) als diffuser ausser-europäischer Raum dargestellt, wobei Flüchtende durch die narrativen Strukturen der Pfeile nach Europa repräsentiert werden. Genauere Angaben lassen sich erst durch andere Onlinekarten (Abbildung 5) gewinnen, in welcher ein Balkendiagramm Syrien als wichtigstes Herkunftsland konstruiert, gefolgt von Afghanistan, Irak, Serbien & Kosovo sowie Eritrea. Während sich diese Angaben auf Gesamteuropa beziehen, können durch Anwählen der Staatsgebiete auf der Karte länderspezifische Werte betrachtet werden. Diese Interaktionen festigen die bereits in der Ausgangskarte konstruierten Herkunftsländer, machen jedoch räumliche und in Kombination mit der Zeitachse zeitliche Differenzierungen möglich. So zeigt sich eine sehr unterschiedlich konstruierte Zusammensetzung der Flüchtenden für die einzelnen europäischen Länder. Durch die Praxis des Scrollens über das Diagramm wird zudem deutlich, dass zu Beginn immer nur die fünf höchsten Werte angezeigt sind. Interaktionen eröffnen in diesem Beispiel somit eine detaillierte Erschliessung der dargestellten Daten.
Abbildung 5: Karte der Anzahl Asylsuchender Pro Kopf mit Diagramm zu deren Herkunft (Lehmann/Ramseger 2015)
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Die Karten machen nahezu keine Aussagen zu den Gründen der Flucht bzw. der Situation im Herkunftsland der Flüchtenden. Nur an einer Stelle wird ein direkter Zusammenhang zwischen dem militärischen Eingreifen Russlands in Syrien (Oktober 2015) und den zunehmenden Einreisezahlen in Europa hergestellt (taz.de 2016). Die besondere Stellung der Situation in Syrien wird an anderer Stelle über die privilegierte Behandlung der Flüchtenden aus diesem Land konstruiert: „Die EU und die Türkei schließen [im März 2016] ein Abkommen. Aus der Türkei neu einreisende Flüchtlinge werden abgeschoben. Für jeden abgeschobenen Flüchtling soll ein syrischer Flüchtling legal einreisen dürfen“ (ebd.). Diese Ausblendung der Ursachen und der Fokus auf die Auswirkungen der Migration nach Europa scheinen konstitutiv für den kartographisch hergestellten Diskurs der Migrationskrise zu sein.
Über die narrativen Strukturen (Pfeile, Linien) werden neben Anfangspunkten (Nicht-Europa) auch Endpunkte (Staaten) konstruiert, welche sich zusammen mit eingezeichneten hohen Einreisezahlen oder Asylanträgen (dunkle Einfärbungen oder grosse Kreisradien) als Ziele der Flüchtenden interpretieren lassen. Dies setzt die – wohl zu kurz greifende – Annahme voraus, dass Flüchtende in jenen Staaten Asyl beantragen, in welche sie auch gelangen wollen. Da die Kartendaten jedoch keine Schlüsse zu den Intentionen der Flüchtenden zulassen, wird im Folgenden diese Interpretation verwendet.
Unter diesem Gesichtspunkt zeigt die erneute Betrachtung der Onlinekarte in Abbildung 2 auch für die Ziele der Flüchtenden eine Veränderung über die Zeit. Für Januar 2014 bis November 2014 werden Italien und Deutschland als solche konstruiert; bis Juni 2015 Deutschland und Ungarn, wobei Ungarn durch die Routenangaben zuvor als „Transitland“ (taz.de 2016) und nicht als Einreiseland dargestellt wird. Von Juni 2015 bis September 2015 gibt die Karte einen starken Anstieg der Einreisezahlen für Schweden an. Ab Februar 2016 wird eine gesamthafte Abnahme der Einreisezahlen konstruiert, wobei Deutschland und Italien wieder die scheinbar einzigen Ziele darstellen (homogen helle Einfärbung des übrigen Europas). Neben dem zeitlichen Verlauf unterstützen Interaktionen somit die Konstruktion Deutschlands als generelles Hauptziel, Italien als weiteren wichtigen Anlaufpunkt und Ungarn als zwischenzeitlich sehr wichtiges Einreise- bzw. Transitland.
Abbildung 5 bezieht sich auf Asylsuchende pro Kopf. Hier werden über die dunkelsten Einfärbungen Schweden, Ungarn, Montenegro, Österreich und die Schweiz als die fünf wichtigsten Zielländer im Jahr 2014 dargestellt. Durch Bedienung der Zeitachse ist der direkte Vergleich mit dem Jahr 2015 möglich, wonach mit Serbien und Kosovo, Ungarn, Schweden und Österreich ein ähnliches (räumliches) Bild hergestellt wird. Neben der Veränderung des Jahres ist auch der Wechsel auf absolute Werte möglich. Die Interaktionen ermöglichen somit nicht nur den zeitlichen Vergleich, sondern auch eine breitere Sicht auf die Daten: Durch die Pro-Kopf-Werte (Ausgangskarte) lässt sich zwar die zu vermutende Bedeutung der Anzahl Asylsuchenden für die jeweilige Bevölkerung abschätzen, jedoch machen die absoluten Werte direktere Aussagen zu den konstruierten Zielen.
Der generalisierende Charakter von Ausgangs- und Zielpunkten der Flucht wird auch anhand der Routenangaben deutlich, die zu Pfeilen (Abbildung 2) oder Linien (Abbildung 6) zusammengefasst werden. Allgemein suggerieren diese Symbole eine einheitliche Bewegung der Flüchtenden und unterstützen so die Konstruktion einer entpersonalisierten Masse bzw. eines Flüchtlingsstroms. Diese Konstruktion von Flüchtenden stützt sich ausserdem auf Metaphern (z. B. Titel in Abbildung 6: „Migration Flows“) und interaktiv erschlossene Inhalte: „Als auch Mazedonien seine Grenze nach Griechenland schließt, stauen sich die Flüchtlinge in griechischen Lagern“ (taz.de 2016).
Abbildung 6: EU-finanziertes Verlegungsprogramm für Asylsuchende in Italien und Griechenland (2015 – 2017)(IOM/Missing Migrant Project 2017); Die Legende rechts oben wurde durch Klicken geöffnet.
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Die direkten Start-Ziel-Verbindungen lassen zudem den Eindruck von befestigten Hauptverkehrsrouten entstehen, auf denen eine reibungslose Fortbewegung möglich ist (vgl. Mose/Strüver 2009: 321). Diese Darstellung wird in Abbildung 2 durch die Korrespondenz zwischen Karte und Bild-Schrift-Elementen z. T. relativiert. Der Blau-Rot-Kontrast bzw. die farbliche Abstufung der Pfeile und der Basiskarte legen einerseits Konnotationen wie kalt-warm, schwach-intensiv oder ungefährlich-gefährlich nahe. Interpretiert man die angegebenen Pfeile auf diese Weise, wird von Januar 2014 bis April 2014 die ‚zentrale Mittelmeerroute’ als am stärksten frequentiert, jedoch auch als gefährlich oder unpassierbar konstruiert. Diese Interpretation wird durch den Bezug auf das Bild-Schrift-Element links unterstützt (Abbildung 2 oben). Dieses klassiert und homogenisiert Flüchtende über ihre Hautfarbe (dunkelhäutig), Haare (schwarz), Kleidung (Rettungswesten) und ihr Geschlecht (männlich). In Korrespondenz mit dem ergänzenden sprachlichen Text wird die Person, welche von rechts oben eine Flasche herunterreicht, als HelferIn bzw. RetterIn interpretiert. Durch diesen Kontrast und die räumliche Hierarchisierung (oben/unten; rechts/links von der Absperrung) werden Flüchtende wiederum als hilfsbedürftig bzw. Menschen in Not konstruiert. Anhand dieser Bezüge innerhalb des Kartentextes wird die Homogenisierung flüchtender Menschen weiter verdeutlicht.
Andererseits unterstützen und ergänzen Interaktionen das Bild des dunkelhäutigen Mannes um Fotos erwachsener Einzelpersonen, Kinder und Familien. Dies widerlegt z. T. die Konstruktion der verzweifelten Menschenmasse und verschiebt den Fokus auf Eigenschaften wie die islamische Religionszugehörigkeit, welche über die Kleidung (Frauen mit Kopftuch) mehrmals angedeutet wird. Interaktive Inhalte tragen so zu einer differenzierteren Sicht auf Flüchtende bei.
4.3 Flucht und Flüchtende als gesellschaftliche Herausforderung
Durch bildhafte Formulierungen wie „Österreich ist von Balkan-Migranten besonders betroffen“ (Moering 2015) werden Flüchtende nicht nur homogenisiert (Begriff Balkan-Migranten), sondern als Krankheit, Schädlinge oder Naturkatastrophe konstruiert (von etwas betroffen sein). Diese Darstellung deutet auf die abweisende gesellschaftliche Haltung gegenüber dem onlinekartographisch konstruierten Eindringen eines homogenisierten Flüchtlingsstromes hin. Konkret zeigt sich dies anhand der in vielen Onlinekarten behandelten politischen Massnahmen und Aussagen. Interaktiv erschlossene Inhalte (z. B. sprachliche Ergänzungstexte in Abbildung 4) konstruieren die Migrationskrise entsprechend als internationale resp. europäische Herausforderung. Serbien wird im Speziellen und der Balkan im Allgemeinen als Brennpunkt der Migrationskrise dargestellt, an dem zum Selbstschutz der EU eine Verbesserung herbeigeführt werden muss (ebd.). Dies wird in einer Mitteilung von Österreichs Außenminister Sebastian Kurz deutlich: "Wenn wir am Westbalkan eine Verbesserung zusammenbringen, helfen wir uns selber" (ebd.). Einige Länder, spezifischer Grossbritannien, wollen sich zudem nicht an einer verbindlichen europäischen Verteilung der Flüchtenden beteiligen (ebd.), was auch anhand der konzeptionellen Strukturen (graue/weisse Staatsgebiete) in Abbildung 6 ersichtlich ist. Somit wird durch Interaktionen zusätzlich das Bild eines bezüglich der Flüchtlingspolitik uneinigen Europas gezeichnet.
Deutet man die Politiken als Reaktion auf die dargestellte europäische Herausforderung, zeigt sich die abweisende Grundhaltung insbesondere an den Grenzschliessungen Griechenlands, Ungarns und anderer vereinzelter Staaten. Diese Grenzschliessungen werden (z. T. kritisch) als Haltung des jeweiligen Staates hervorgehoben: „Mitte August [2015] hat Mazedonien den Ausnahmezustand verhängt und die Grenze dicht gemacht. Die Polizei ging sogar mit Tränengas gegen Flüchtlinge vor, die versuchten, ins Land zu gelangen“(Moering 2015). Auch die Aussagen wichtiger PolitikerInnen drücken solche Grundhaltungen aus. So droht der britische Einwanderungsminister James Brokenshire, er werde „illegale Flüchtlinge am Arbeiten, am Mieten einer Wohnung, Eröffnen eines Bankkontos oder Autofahren hindern" (ebd.).
In diesem Kontext zeigt sich erneut die Bedeutung ergänzender Bilder. Als Beispiel dient die Grenzschliessung Ungarns, welche in Abbildung 7 durch ein Foto mit ergänzendem Text visualisiert wird (siehe auch Abbildung 2). Eine mögliche Interpretation des Bildes kann dem Analyseraster in Tabelle 3 entnommen werden. Die Sprache-Bild-Korrespondenz schafft einen räumlichen (ungarische Grenze) und zeitlichen (Juni 2015) Kontext, in welchem das Bild zu interpretieren ist. Der Umstand, dass die Regierung spezifisch als rechtspopulistisch bezeichnet wird, bringt eine gewisse Kritik zum Ausdruck. Die Grenzschliessung wird gewissermassen als zu rechtfertigende Handlung betrachtet. Die Verwendung der Zeitachse der Karte ermöglicht es, einen breiteren zeitlichen Kontext zu diesen Inhalten herzustellen. Die Reaktion der Regierung lässt sich so vermutlich in Zusammenhang mit den über die vorangehenden Monate stark angestiegenen Einreisezahlen bringen. Die Verbindung aus Bild und Sprache kann insgesamt dennoch als kritische Visualisierung der ablehnenden Haltung gegenüber Flüchtenden verstanden werden.
Abbildung 7: Foto und zugehöriger Text im Eintrag „Ungarischer Zaun“ (taz.de 2016)
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Tabelle 3: Anwendung des sozialsemiotischen Analyserasters auf das Foto „Ungarischer Zaun“ (taz.de 2016)
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Im Gegensatz zu diesen ablehnenden Äußerungen konstruieren einige andere interaktiv erschlossene Inhalte eine offene Haltung von Deutschland sowie Serbien, dessen Ministerpräsident es „trotz des Drucks aus der EU ab[lehnt], seine Grenzen für Flüchtlinge zu schließen“ (Moering 2015). Italien wird durch die Initiierung des Seenot-Programmes Mare Nostrum als Retterin vieler auf dem Mittelmeer verunglückter Flüchtender konstruiert (Abbildung 2 oben), was ebenfalls die Vermutung einer offenen Haltung nahelegt.
Ergänzend zu diesen Sichtweisen zeigt sich auf der sozialsemiotischen Ebene des Betrachtungswinkels, dass die Betrachtenden oft (gemeinsam mit den Helfenden/Rettenden) hierarchisch über den Flüchtenden platziert werden (z. B. Abbildung 2 oben). Die Perspektive der Flüchtenden selbst wird fotografisch nur selten festgehalten. Die Abstände zwischen Flüchtenden und Betrachtenden konstruieren zudem eine beobachtende, distanzierte Haltung. Eine persönliche Nähe oder gar die hierarchische Platzierung der Flüchtenden über den Betrachtenden wird fast nie dargestellt. Die interaktiven Inhalte verdeutlichen somit die Grundhaltung gegenüber Flüchtenden aus Sicht der europäischen Gesellschaft.
5. Multimodale Verräumlichung und interaktive (De-) Konstruktion der Migrationskrise – Ein Fazit
Einige Autoren und Autorinnen bezeichnen die Übertragung von zuvor ExpertInnen vorbehaltenen räumlichen bzw. kartographischen Praktiken an AmateurInnen enthusiastisch als Demokratisierung der Kartographie (vgl. Buckingham/Dennis 2009; November et al. 2010; Schlottmann 2013: 102). Als bekanntes Beispiel dient das Projekt OpenStreetMap, das als kartographisches Pendant zu Wikipedia gemeinschaftlich erfasste, geocodierte Informationen als digitale Weltkarte bereitstellt und laufend aktualisiert (OpenStreetMap 2017). Somit kann sich eine breite Nutzendengemeinde an der Erstellung des Kartenwerks respektive eines eigenen Kartenraums beteiligen (Schlottmann 2013: 100f.).
Durch die global unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zu Informations- und Kommunikationstechnologien (Cinnamon/Schuurman 2013: 662) bleiben die Anwendungsmöglichkeiten von Onlinekarten jedoch auf einen bestimmten Teil der Weltbevölkerung beschränkt und ermöglichen auch nur diesem Teil eine eigene Raumkonstruktion (Norris 2001). So werden Deutungskämpfe unter ProdutzerInnen häufig durch jene mit den größten technischen Fähigkeiten und der meisten Online-Zeit entschieden (Schlottmann 2013: 105). Zudem besitzen die Anbieterfirmen eine deutliche Macht über die Erstellungs- und Darstellungsmöglichkeiten von Onlinekarten (Clampton 2010; Schlottmann 2013). Dieses Spannungsverhältnis zwischen technischen Möglichkeiten, begrenzten Zugängen und deutungsmächtigen Akteuren zeigt sich auch in den Ergebnissen dieser Arbeit.
Onlinekarten vermitteln in Bezug auf Migration und Flucht spezifische sozialräumliche Vorstellungen, indem sie
- Europa nach Aussen abgrenzen und eine räumliche Differenz zwischen dem Eigenen und dem Fremden schaffen,
- Migration und Flucht als räumliches Eindringen in das Eigene (Europa) darstellen
- Flüchtende als homogene Masse oder Strom darstellen,
- eine abwehrende Haltung Europas gegenüber den Fremden/den Flüchtenden darstellen,
- diese abwehrende Haltung für die Todesopfer unter Flüchtenden verantwortlich machen,
- mit einer hohen und steigenden Anzahl von Asylanträgen bzw. Einreisezahlen eine vermeintliche räumliche Evidenz für die Krise schaffen.
Die in den analysierten Onlinekarten visuell konkretisierten Abgrenzungen lassen sich in Anschluss an Georg Glasze und Annika Mattisek (2009a: 164) gleichsam als Identitätsbildungsprozesse verstehen. Mit der Konstruktion und Abgrenzung der Anderen (Flüchtenden) wird nicht nur festgehalten, was diese sind, sondern auch was Wir (EuropäerInnen) nicht sind. Während Flüchtende als hilfsbedürftig, grösstenteils dunkelhäutig und muslimisch dargestellt werden, sind EuropäerInnen somit hilfsbereit, weiss und christlich. In Korrespondenz mit der Karte werden diese Eigenschaften einem Raum (Europa) zugeordnet. Pfeile dienen als visuelle narrative Elemente des Eindringens in diesen Raum. Durch diese Visualisierungen des Fremden im Eigenen zeigt sich, dass die Migrationskrise in erster Linie als Identitätskrise verstanden werden kann. Die Verortung des Fremden resp. die Abgrenzung Europas gelingt nicht mehr, woraus die Angst vor der Aufweichung der eigenen (europäischen) Identitäten erwächst. Diese Haltung drückt sich auch im Begriff Flüchtlingskrise aus, welcher Flüchtende schliesslich als Ursache der Krise positioniert (Cyrus 2017: 114) [4].
Sowohl für die Verräumlichung dieser Krise als auch für die Inszenierung von Flüchtenden spielen die multimodalen Strukturen in Onlinekarten eine wichtige Rolle: Einerseits geben die in Fotos abgebildeten Personen Fremden ein Gesicht und durchbrechen das ansonsten stark homogenisierende Bild von Flüchtlingsströmen. Fotos und mit ihnen verknüpfte sprachliche Texte schaffen andererseits Evidenzen (so sehen Flüchtende aus) und verleihen der Karte eine besondere räumliche Beweiskraft. Im Sinne solcher visuellen Geographien sind Karten und Bilder „Elemente strategischen Handelns mit unterliegenden Verortungslogiken und Wahrheitsansprüchen (Schau, an diesem Ort sieht es so aus!)“ (Schlottmann/Miggelbrink 2009: 19). Zusammenfassend erhöht die Vergegenwärtigungskraft von Bildern (Imdahl 1994: 309) und Sprache-Bild-Texten die Konstruktionsmacht von Onlinekarten, womit Multimodalität einen deutlichen Beitrag zur räumlichen Konstitution des Diskurses Migrationskrise leistet.
Interaktionen und mit ihnen verknüpfte Dynamiken tragen zur Konstruktion der Migrationskrise bei, indem sie
- einen größeren räumlichen und zeitlichen Kontext aufspannen, innerhalb dessen die Ausgangskarte interpretiert werden kann,
- einen direkten Vergleich verschiedener Datenlayer und Kartenzustände ermöglichen, wodurch die Migrationskrise als dynamischer Prozess begreifbar wird,
- die verwendeten Daten und Darstellungen transparenter machen und detailliertere Informationen offenlegen,
- Hinweise auf die Urheberschaft sowie produktionsbedingte Dynamiken der Karte geben.
Interaktionen beeinflussen somit in verschiedener Hinsicht die Argumentationsmuster, Logiken und Machtstrukturen der untersuchten Onlinekarten. Insbesondere die durch Interaktionen geschaffene Transparenz verändert die diskursive Aussage in einigen Fällen deutlich. Dies verringert gleichzeitig die Konstruktionsmacht von Onlinekarten, da Verzerrungen und verborgene Informationen während der Rezeption (teilweise) offengelegt werden. Interaktionen ermöglichen den Rezipierenden eine individuelle Erschließung und eingeschränkte Mitwirkung an kartographischen Wirklichkeitskonstruktionen. Interaktivität kann auf diese Weise zu einem kritischeren Umgang mit kartographischen Darstellungen und der durch sie konstruierten Wirklichkeit beitragen.
Die interaktive Transparenz hat aber auch eine potenzielle Kehrseite: Sie verleiht Onlinekarten eine neue Form der Glaubwürdigkeit, da sie den Rezipierenden suggeriert, die Karten selbst entdecken und die zugrundeliegenden Daten überprüfen zu können. Die Wahrnehmung von Hyperlinks als Tiefeninformation verstärkt diesen Anspruch zusätzlich. Während Interaktivität also einerseits zu einer differenzierteren Sicht auf kartographisch hergestellte Diskurse beitragen kann, schafft sie andererseits neue Wahrheitsansprüche und vermeintliche Evidenzen.
Das dekonstruktive Potenzial von Interaktionen ist weiter durch den Umstand beschränkt, dass die Anbieterfirmen und ProduzentInnen die interaktiven Inhalte bestimmen. Sieht man von Hyperlinks ab, liegt die Konstruktionsmacht also weiterhin bei diesen AkteurInnen. Auch hängt die Nutzung des Potenzials stark von den Rezipierenden, ihrem Umgang mit Interaktionen sowie ihren Erfahrungen in der kritischen Betrachtung kartographischer bzw. visueller Produkte im Allgemeinen ab. Denn wie sich durch diese Untersuchung zeigt, ist die Reflexion der eigenen „implizit verwendete[n] Kategorien und Interpretationen“ (Mose/Strüver 2009: 320) bei der Rezeption von Onlinekarten nicht nur eine Frage des Vorgehens, sondern eine Frage der Praxis. Wenn Interaktionen somit zwar als Dekonstruktionswerkzeuge dienen können, sind auch sie wiederum Teil diskursiver Argumentationsmuster, Logiken und Machtstrukturen.
Ihre Multimodalität, Interaktivität und Dynamik machen Onlinekarten zu einem reichhaltigen Forschungsgegenstand, der weit über den Diskurs Migrationskrise hinweg Relevanz besitzt. Die bearbeiteten Forschungsfragen betrachten einige dieser Themen gezielt, blenden aufgrund des eingeschränkten Rahmens dieser Arbeit jedoch andere Aspekte aus. So untersucht diese Arbeit das Endprodukt und vernachlässigt geräteabhängige Einschränkungen, die Produktionsbedingungen, die ProduzentInnen sowie deren Interessen; Aspekte, die im Kontext einer Ausweitung neogeographischer Praktiken ebenfalls von Bedeutung sind.
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[1] APIs: „tools that facilitate the melding of data and resources from multiple cloud resources by providing the means to acquire, manipulate and display information“ (Peterson 2015: 183).
[2] mashup: „process of combining information from several websites and sources to produce a new Web service“ (Haklay et al. 2008: 2021). Auf Karten bezogen bedeutet map mashup die Verknüpfung von räumlichen mit anderen Datentypen zu neuen (Online-)Karten oder ähnlichen Anwendungen.
[3] Codes sind sozial festgelegte „Kopplungen von Form und Bedeutung“ (Stöckl 2014: 394).
[4] Norbert Cyrus (2017: 114) schlägt entsprechend die Bezeichnung ‚Flüchtlingsschutzkrise’ vor, da sich die ‚Krise’ so auf die Überforderung des internationalen Flüchtlingsschutzes bezieht.
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