Die Sozialräumliche Gliederung der Stadt Düsseldorf - zentrales räumliches Planungsinstrument nicht nur für die Jugendhilfe
Thomas Klein
Vor 12 Jahren entwickelte das Jugendamt Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik und Wahlen eine erste sozialräumliche Gliederung der Landeshauptstadt. Anlass war eigentlich ein konkretes Budgetierungsvorhaben im Rahmen der Jugendhilfeplanung - ein Stellenverteilungsmodell für den Bezirkssozialdienst.
Tatsächlich entwickelte sich die Gliederung aufgrund ihrer plausiblen Struktur und vielfältiger Analysemöglichkeiten in Kürze zu einer zentralen Planungsgrundlage nicht nur der Jugendhilfe in Düsseldorf, denn sie ermöglicht es, Sozialräume in nahezu allen Bereichen als Planungsgröße zu nutzen und sie für fachliche und politische Diskussionen und Konzeptentwürfe heranzuziehen. Darüber hinaus entfaltet sie heute hohe Wirksamkeit bei der Unterstützung integrativer Handlungsansätze.
Der Umstand, dass hier in einem aufwändigen Abstimmungsprozess, unabhängig von bestehenden Strukturierungen nach Stadtteilen oder anderen Verwaltungseinheiten eine Gliederung geschaffen wurde, die sich in erster Linie an der sozialstrukturellen Wirklichkeit orientiert, machte die sozialräumliche Gliederung der Stadt Düsseldorf zu einer bundesweit viel beachteten kleinräumigen Datensammlung.
In besonderer Form gelang es hier, das vorhandene Armuts-Reichtums-Gefälle einer Großstadt darzustellen und für vielfältige Planungen nutzbar zu machen.
Eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen und Forschungsvorhaben konnte in den vergangenen 12 Jahren mit den nach Sozialräumen strukturierten Düsseldorfer Daten unterstützt werden.
Jugendhilfeplanung muss eine klare Vorstellung von den sozialräumlichen Strukturen einer Kommune entwickeln
Jugendhilfeplanung ist das zentrale Steuerungsinstrument der Jugendhilfe. Sie befasst sich im Rahmen der gesetzlichen und politischen Rahmenvorgaben, den Blick auf die festgestellten Bedarfe und die erforderliche Qualität gerichtet, mit den Eckpunkten der Jugendhilfe.
Durch Jugendhilfeplanung wird gewährleistet, dass die Angebote und Leistungen der Jugendhilfe bedarfsgerecht zur Verfügung stehen.
Die Jugendhilfeplanung hat hierzu die notwendigen Maßnahmen und Beschlüsse vorzubereiten und dabei die Bedürfnisse junger Menschen und ihrer Familien ebenso wie die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden, Städte und Kreise zu berücksichtigen.
Im SGB VIII finden sich grundlegende Regelungen für die Jugendhilfeplanung, der § 80 SGB VIII beschreibt Ziele und Verfahren zur Jugendhilfeplanung:
Hier soll insbesondere auf zwei Aspekte verwiesen werden:
- Im zweiten Absatz des § 80 SGB VIII werden die Ziele der Jugendhilfeplanung definiert, z.B. die Erhaltung des sozialen Umfeldes bei Maßnahmen, ein möglichst wirksames und vielfältiges Angebot, besondere Förderung von jungen Menschen in gefährdeten Lebensbereichen und bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.
- § 80 (4) SGB VIII fordert in Ergänzung zu § 81 SGB VIII (siehe auch § 95 SGB X) die Verknüpfung von Planungen und Tätigkeiten der Jugendhilfeträger mit denen anderer Institutionen, die sich auf das Leben junger Menschen und ihrer Familien auswirken (z. B. Schulplanung, Verkehrsplanung, Stadtentwicklungsplanung etc.).
Die hieraus resultierende Aufgabenstellung ist für die Jugendhilfeplanung nur zu bewältigen, wenn es ihr gelingt, eine Vorstellung von den Strukturen der eigenen Stadt zu erarbeiten, die so kleinräumig angelegt ist, dass unterschiedliche Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen, die sich räumlich manifestieren, berücksichtigt werden können.
Gleichzeitig muss diese Strukturierung aber auch so allgemeingültig zu vermitteln sein, dass sie auch von Partnern außerhalb der Jugendhilfe nachvollzogen und genutzt werden kann.
Eine solche sozialräumliche Gliederung kann so zwei Aufgaben erfüllen:
- Einerseits lassen sich mit ihr unterschiedliche Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in einer Großstadt beschreiben.
- Andererseits bietet sie einen Ansatz für integrative Handlungskonzepte weit über das Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe hinaus.
Die Erkenntnis, dass sich unterschiedliche Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen innerhalb einer Großstadt räumlich manifestieren, ist nicht neu. Dass lokale Bedingungen des Wohnumfeldes die Situation von Kindern mitgestalten, darauf hat die Untersuchung von Martha Muchow bereits in den 1930er Jahren aufmerksam gemacht. (Muchow/Muchow 1935/1978)
Bargel, Kluthe und Mundt beschrieben 1978 in ihrem Forschungsansatz „abgrenzbare sozialökologische Einheiten (Areale, Quartiere, Kleingemeinden), in denen jeweils spezifische Bündel von Faktoren jeweils anderswertige Grundmuster sozialer Situationen und Probleme erzeugen“ als Soziotope. (Bargel/Kluthe/Mundt 1978)
Durch verschiedene Untersuchungen im Rahmen des „Soziotopen-Ansatzes“ konnte darauf aufmerksam gemacht werden, dass sich innerhalb einer Stadt Wohnbezirke und Areale hinsichtlich der Lebensverhältnisse und Sozialisationsbedingungen voneinander unterscheiden können.
„Dies gilt für
- den Zugang zu Bildungseinrichtungen wie den Kindergarten
- die Wohnverhältnisse und darüber vermittelt für die Gewährung von Freiräumen, Erkundungsmöglichkeiten und Kontakten von Kindern
- die Eingebundenheit in soziale Netzwerke und damit für den potentiellen sozialen Erfahrungsraum des Kindes
- die Zuwendung, die das Kind in der Familie erfährt, wenn gleich dieser Effekt ein eher mittelbarer ist.“ (Dippelhofer-Stiem 1994/2004, S.63)
Für solche Untersuchungen ist es zunächst notwendig, innerhalb einer Stadt oder Gemeinde entsprechende Gebiete oder Areale ausfindig zu machen und sie voneinander abzugrenzen. Hierzu können grundsätzlich vorhandene kleinräumige Gliederungen (wie z.B. Baublöcke, Stimmbezirke oder Stadtteile) genutzt werden. Dies hat den Vorteil, dass für die zu betrachtenden Areale ohne Schwierigkeiten Daten der amtlichen Statistik zusammengestellt werden können. Mit Hilfe statistischer Verfahren, insbesondere von Clusteranalysen ist es dann möglich, die einzelnen Gebiete in Gruppen darzustellen, zu typisieren und zu beschreiben.
Eine erhebliche Verbesserung von Analysemöglichkeiten sozialräumlicher Strukturen ergibt sich aber, wenn für die statistischen Verfahren zur Typisierung der Untersuchungsgebiete nicht vorhandene Verwaltungsstrukturen genutzt werden, sondern von vorneherein eine Gliederung dient, die sich an sozialstrukturellen Merkmalen orientiert.
Ganz selbstverständlich nehmen die meisten Menschen Unterschiede in der baulichen und sozialen Organisation ihrer Umwelt wahr. Sowohl eigene Erfahrungen als auch vermitteltes Wissen werden genutzt, die Stadt in der man lebt, in überschaubare Einheiten aufzuteilen. Die Rede ist dann häufig von „der Stadt“, dem „Gurkenland“, der „Paulsmühle“. Den verschiedenen Quartieren werden Eigenschaften und Qualitäten zugeschrieben. Quartiere gelten als bevorzugt oder belastet, gemütlich oder provinziell. Einzelne Adressen werden als „mondän“ oder aber auch als „stigmatisierend“ empfunden.
Eine solche gedankliche Strukturierung des Stadtgebietes wird in der Regel kaum von den politischen Grenzen der Stadtteile und Stadtbezirke beeinflusst. Sie orientiert sich vielmehr an der konkreten sozialen Wirklichkeit einer Stadt. Hier drückt sich das Bewusstsein der Einwohner der Stadt über soziale Unterschiede aus und verdeutlicht sie.
Geht man davon aus, dass die Entwicklungs- und Entfaltungschancen der Einwohner in den verschiedenen Arealen einer Großstadt unterschiedlich sind, und strebt man ferner an, diese unterschiedlichen Lebensbedingungen bei Planungsvorhaben der Stadt zu berücksichtigen, besteht eine erste Aufgabe jeder Analyse darin, diese Strukturen zu erfassen.
In einem aufwändigen Abstimmungsprozess hat das Jugendamt Düsseldorf diese Aufgabe erfüllt und 1997 eine erste sozialräumliche Gliederung erstellt.
Sozialräumliche Strukturen müssen systematisch ermittelt und erfasst werden
Die sozialräumliche Gliederung wurde durch die Jugendhilfeplanung erstmalig von Juni 1996 bis Mai 1997 gemeinsam mit dem Bezirkssozialdienst des Jugendamtes erarbeitet. Aufgrund der stadtteilorientierten, dezentral organisierten Arbeit des Sozialdienstes und seines breiten Aufgabenspektrums im Bereich der Jugend-, Sozial- und Gesundheitshilfe waren Bezirkssozialarbeiter und Bezirkssozialarbeiterinnen in Düsseldorf in besonderer Weise geeignet, diese Aufgabe zu bewältigen.
In ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen kannten sie die Strukturen der unterschiedlichen Wohnumfelder genau und verfügten zudem über eine Vielzahl von Einzelinformationen und Eindrücken über Beziehungen, Vorstellungen und Bedürfnisse der dort lebenden Menschen.
Die beteiligten Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen nutzten neben vorhandenen Kenntnissen über die sozioökonomische Situation und die Wohnsituation der Bevölkerung, auch ihr Wissen über die Entstehungsgeschichte von Siedlungen, das Zugehörigkeitsgefühl und Gewohnheiten der Bevölkerung. Es entstand so zunächst eine Gliederung des Stadtgebietes in 156 Bereiche, die Düsseldorfer Sozialräume.
Die Sozialräume wurden anhand eines einheitlichen Schemas beschrieben und mit einer Gebietskennzeichnung versehen. Diese qualitativen Beschreibungen lieferten so auch eine Begründung für die erfolgte Einteilung und ermöglichten eine erste Plausibilitätsprüfung.
Einzig die subjektiven Eindrücke und Kenntnisse der Bezirkssozialarbeiter und Bezirkssozialarbeiterinnen über sozialräumliche Strukturen waren also entscheidend für das Arbeitsergebnis.
Diese erste sozialräumliche Gliederung des Stadtgebietes bot eine Momentaufnahme der kleinräumigen Strukturen in Düsseldorf. Veränderungen der Bevölkerungs- und Bebauungsstrukturen durch Sanierungen, Abriss oder Neubausiedlungen gilt es zu berücksichtigen. Zweimal, 2001 und 2005, wurde die Gliederung daher bisher überprüft und fortgeschrieben. Die Strukturierung des Stadtgebietes erfolgt aktuell in 165 Sozialräume.
Erfasste sozialräumliche Strukturen müssen mit bestehenden Datenbanken verknüpft werden
Grundsätzlich sollte es möglich sein, den gesamten adressenscharf verfügbaren Datenbestand einer Kommune sozialräumlich abbilden zu können. Hierzu war es in Düsseldorf notwendig, eine Verknüpfung der neuen sozialräumlichen Gliederung mit der kommunalen Gebietsgliederungsdatei des Amtes für Statistik und Wahlen vorzunehmen.
Jeder in der Gebietsgliederungsdatei geführten Baublockseite wurde die Kennziffer eines Sozialraums zugeordnet. In der Regel handelt es sich bei einer Baublockseite um einen Straßenseitenabschnitt zwischen zwei Straßeneinmündungen. Insgesamt mussten über 10.000 Baublockseiten jeweils einem Sozialraum zugeordnet werden. Die Verknüpfung von sozialräumlicher Gliederung und Gebietsgliederungsdatei ermöglichte unmittelbar die Ausweisung des kleinräumig verfügbaren kommunalen Datenbestandes für die definierten Sozialräume.
Vom Amt für Statistik und Wahlen werden insbesondere Merkmale aus den folgenden Datenbeständen aufbereitet:
- Daten der Einwohnerdatei, hierunter insbesondere Einwohner nach Alter und Nationalität
- Daten der Gebäudedatei, hierunter insbesondere Informationen zu Wohnflächen je Einwohner und Wohneinheit sowie öffentlich geförderten Wohnungen
- Daten der Schülerdatei, hierunter die Zahl der Schülerinnen und Schüler nach Schularten
- Daten zu Familienstrukturen und Haushalten, hierunter insbesondere Anzahl der Haushalte mit minderjährigen Personen sowie darunter mit ausländischem Haushaltsvorstand oder alleinerziehender Bezugsperson.
- Daten zu Wohngeldempfängern und bis 2004 den Empfängern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt. Seit 2005 stehen Daten zu den Haushalten, die Leistungen nach SGB II erhalten, zur Verfügung.
Die Darstellungsmöglichkeiten, die sich durch diese Verknüpfung bereits mit Hilfe dieser Daten ergeben, lassen sich anhand eines einfachen Beispiels aus dem Düsseldorfer Stadtbezirk 2 verdeutlichen:
Am 31.12.2007 lebten in Düsseldorf 21,4% der minderjährigen Personen in Haushalten, die SGB II-Leistungen erhielten. Betrachtet man ausschließlich den Stadtteil Düsseltal im Stadtbezirk 2, liegt hier im gesamtstädtischen Vergleich eine unterdurchschnittliche Quote vor.
Weist man nun jedoch die entsprechende Quote der minderjährigen Personen unterhalb der Ebene „Stadtteil“, nach Sozialräumen aus, treten deutlichere Unterschiede zutage.
Im gut situierten „Gesicht“ des Stadtteils Düsseltal, dem Zooviertel (Sozialraum 207), leben nur 10,4 % der Minderjährigen in Haushalten mit SGB II- Bezug. Im Wohngebiet Vautierstraße (Sozialraum 201) sind es dagegen 30,3 %.
In der folgenden Tabelle können Unterschiede zwischen diesen beiden Sozialräumen auch anhand weiterer Daten nachvollzogen werden.
Tabelle: Sozialräume im Stadtbezirk 2,
ausgewählte Strukturdaten zum Stand 31.12.2007
Anteil der Personen unter 18 Jahren an den Einwohnern insgesamt | Anteil der Haushalte mit Kindern an den Haushalten insgesamt | Kinder in Haushalten mit ausländischer Bezugsperson an den Kindern insgesamt | Wohnflächen-standard: Wohnfläche je Einwohner |
Anteil der Minderjährige Personen in Haushalten mit SGB II- Bezug an den minder-jährigen Personen insgesamt | Anteil der Hauptschüler an den Schülern der Sekundarstufe II insgesamt | |
(%) | (%) | (%) | (Qm) | (%) | (%) | |
Sozialraum 201 | 18,1 | 21,4 | 38,2 | 32,4 | 30,3 | 25,2 |
Sozialraum 207 | 12,1 | 12,9 | 20,8 | 52,4 | 10,4 | 6,0 |
Stadt Düsseldorf | 14,8 | 17,2 | 27,7 | 39,2 | 21,4 | 15,7 |
(Landeshauptstadt Düsseldorf 2007)
Eine Vielzahl von Ämtern der Stadtverwaltung nutzt die sozialräumliche Gliederung inzwischen in unterschiedlichen Planungszusammenhängen. Zunehmend mehr Bereiche strukturieren ihre Daten daher auch nach sozialräumlichen Gesichtspunkten und erweitern die Anwendungsmöglichkeiten für alle Nutzer.
Der kleinräumig auswertbare Datenbestand konnte so in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut werden. Zu nennen wären hier beispielhaft:
- Datenbestände des Jugendamtes, insbesondere Daten zu den Hilfen zur Erziehung, der Jugendgerichtshilfe, aber auch zur Trennungs- und Scheidungsberatung.
- Datenbestände des Gesundheitsamtes, insbesondere die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen in Düsseldorf.
- Wissenschaftliche Querschnittsuntersuchungen des Sportamtes (Check und Re-Check) zur Fitness der Düsseldorfer Schüler
- Infrastrukturdaten aus den Bereichen Jugend, Schule, Soziales und Gesundheit
Der kleinräumige Vergleich unterschiedlicher Datenbestände, seien es Sozialstrukturdaten, Interventionsdaten oder qualitative Kenntnisse ermöglicht die angestrebte detaillierte Einschätzung der Lebenslage der Bewohner in den verschiedenen Wohngebieten der Stadt. Nicht nur die Planung und Umsetzung, sondern auch die Evaluation gezielter Sozialinterventionen in den einzelnen Sozialräumen kann so verbessert werden. Es wird auch möglich, den unterschiedlichen Versorgungsgrad verschiedener Regionen zu verdeutlichen, insbesondere Erreichbarkeit, Umfang und Qualität der sozialen Infrastruktur.
Die nachvollziehbare Ausweisung von Gebieten mit besonderem sozialem Handlungsbedarf unterstützt integrierte Handlungsansätze
Eine weitere zentrale Anwendung der sozialräumlichen Gliederung liegt in der Möglichkeit, innerhalb des Stadtgebietes Gebiete mit besonderem, sozialem Handlungsbedarf auszuweisen.
Die Verwaltung wird immer wieder mit der Fragestellung konfrontiert, welche städtischen Gebiete aufgrund der räumlichen Konzentration von Armutsfaktoren und defizitären infrastruktureller Ausstattung als „soziale Brennpunkte“ bezeichnet werden müssen.
Eine allgemeingültige Definition gibt es jedoch nicht. Der Städtetag hat 1987 soziale Brennpunkte als Wohngebiete bezeichnet, „in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehäuft auftreten.(...)“ (Deutscher Städtetag 1987, S. 15)
Inzwischen wird der Begriff „Sozialer Brennpunkt“ oftmals ersetzt durch die Bezeichnungen „benachteiligte Stadtteile“ oder „Gebiete mit besonderem Förder- oder Handlungsbedarf“. Bezeichnet werden mit diesen Gebieten örtliche Lebenszusammenhänge, die sich durch eine vorhandene oder sich abzeichnende Konzentration problematischer Lebenslagen auszeichnen und einen besonderen Unterstützungs- und Entwicklungsbedarf aufweisen. Ersetzt wird der Begriff „Sozialer Brennpunkt“ insbesondere, um den Fokus stärker auf die Dringlichkeit zum Handeln und nicht auf defizitäre und stigmatisierende Zustände zu legen.
Mit Hilfe einer Clusteranalyse ausgewählter Daten war es in Düsseldorf möglich, auf der Basis der sozialräumlichen Gliederung eine übersichtliche Typisierung der Sozialräume zu erreichen. Die mit Hilfe der Analyse gewonnenen Sozialraumgruppen ließen sich in eine Rangordnung bringen. Diese Rangordnung drückt auch die unterschiedliche Qualität der Lebensbedingungen der Bewohner aus. Es wurden somit also gezielt Gebiete ausgewiesen, die im Vergleich zum städtischen Durchschnitt einen höheren Bedarf nach sozialen Ressourcen haben.
Die Analyse wurde inzwischen aufgrund ihrer hohen Plausibilität für vielfältige Planungszwecke aufbereitet und in Budgetierungsmodellen genutzt. Die Möglichkeit, vorhandene Armuts-Reichtums-Gefälle plausibel darzustellen und für Planungen nutzbar zu machen, hat integrierte Handlungsansätze innerhalb der Stadtverwaltung stark unterstützt. Dies wird insbesondere durch gemeinsame Planungen von Jugendhilfe und Schule (Konzept Kommunale Bildungslandschaften) und das aktuelle Stadtentwicklungskonzept (Integrierte Quartiersentwicklung) verdeutlicht. (Landeshauptstadt Düsseldorf 2008 sowie 2009)
Ausblick
2010 ist eine erneute Fortschreibung der sozialräumlichen Gliederung vorgesehen. Ziel dieses Fortschreibungsprozesses ist es diesmal jedoch nicht allein die räumliche Abgrenzung der Sozialräume zu überarbeiten und bestehende Datenbestände zu aktualisieren. In einem ämterübergreifenden Prozess sollen soweit wie möglich erstmals alle Anforderungen der im Laufe der Jahre neu dazugekommenen Nutzer der Gliederung einfließen und berücksichtigt werden. Angestrebt werden deshalb auch verbindliche Absprachen über die Zusammenführung und Nutzung aller kleinräumig verfügbaren Datenbestände sowie dem künftigen Fortschreibungsrhythmus dieser Daten. Die grafischen Darstellungsmöglichkeiten werden verbessert. Geplant ist es die sozialräumliche Gliederung zu einem umfassenden Geo-Informationssystem der Stadt Düsseldorf auszubauen.
Literatur
Bargel, T./ Kluthe, M./ Mundt, J. (1978) Die Indizierung von Soziotopen als Grundlage der Messung sozialer Disparitäten. In: Hoffmann-Nowotny, H.-J. (Hrsg.) Messung sozialer Disparitäten. Soziale Indikatoren VI. S. 43-210. Frankfurt/M.: Campus
Deutscher Städtetag (Hrsg.) (1978) Sicherung der Wohnungsversorgung in Wohnungsnotfällen und Verbesserung der Lebensbedingungen in sozialen Brennpunkten. Köln
Dippelhofer-Stiem, B.(1994/2004) Ökologie und Entwicklung , Kurseinheit 1, Hagen
Landeshauptstadt Düsseldorf (2007) Sozialräumliche Gliederung der Stadt Düsseldorf, Fortschreibung 2005, Aktualisierung des Datenbestandes. Düsseldorf
Landeshauptstadt Düsseldorf (2008) 1. Integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung. Düsseldorf
Landeshauptstadt Düsseldorf (2009) „Düsseldorf 2020+ Wachstum fördern, Zukunft gestalten“. Düsseldorf
Muchow, M/ Muchow, H. H. (1935/1978) Der Lebensraum des Großstadtkindes (Nachdruck 1978 mit einer Einführung von J. Zinecker). Bensheim: Päd. Extra
Zitiervorschlag
Klein, Thomas (2009): Die Sozialräumliche Gliederung der Stadt Düsseldorf - zentrales räumliches Planungsinstrument nicht nur für die Jugendhilfe. In: sozialraum.de (1) Ausgabe 2/2009. URL: https://www.sozialraum.de/die-sozialraeumliche-gliederung-der-stadt-duesseldorf.php, Datum des Zugriffs: 21.11.2024