Expedition JugendZone: Sozialraumanalyse Wien Ottakring
Christian Holzhacker
Die Intention eine derart aufwändige und komplexe Sozialraumanalyse durchzuführen war von der Idee geleitet, nicht nur das sozialräumliche Umfeld des Jugendzentrums zu untersuchen, sondern den ganzen Bezirk aus der Perspektive der hier lebenden Jugendlichen zu analysieren. Dies erschien interessant, weil sich dieser Bezirk gegenwärtig sehr stark wandelt, eine große Dynamik und eine äußerst heterogene Bevölkerungsstruktur aufweist.
Der 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring ist ein Stadtteil, der trotz seiner relativ geringen Größe von ca. 8,67 km2 sehr unterschiedlich strukturiert ist. Dichtverbaute urbane Teile mit einem hohen Anteil an alter Wohnbausubstanz gehen über in eines der teuersten Wohnviertel von Wien. Viele der in Ottakring lebenden Menschen haben Migrationshintergrund. Zusätzlich war und ist Ottakring in seiner Entwicklung ein äußerst dynamischer Stadtteil Wiens. In den letzten Jahren sind, vor allem im urbanen Teil Ottakrings, neue Stadtteile mit U-Bahn Anbindung entstanden. Die Öffnung des kommunalen Wohnbaues für MigrantInnen, aber auch der Zuzug von eher einkommensstärkeren Personengruppen in die renovierten Altbauten hat die Dynamik in der Bevölkerungsentwicklung bezüglich ihrer Wohnorte weiter verstärkt.
Der öffentliche Raum ist von großer Bedeutung für Kinder und Jugendliche; während sich Erwachsene oft über ihre berufliche Arbeit erklären, definieren sich Kinder und Jugendliche häufig über den Raum. Eine Sozialraumanalyse, in unserem Fall die „Expedition JugendZone", dient daher dazu, die Lebens- und Gestaltungsräume - vor allem aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen - näher zu beleuchten. Unter Anwendung verschiedenster sozialräumlicher Methoden wurden dabei die Lebenswelten und Sozialräume von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum, aber auch die verschiedenen Formen der Aneignung verschiedener Jugend(en) strukturiert erfasst.
Durchgeführt wurde diese Analyse vom Team des Jugendzentrums JugendZone 16 im Zeitraum Mai 2009 bis Jänner 2010, unter Anwendung verschiedener, bei Richard Krisch (2009) beschriebenen sozialräumlichen Methoden. Dieser begleitete im Rahmen der pädagogischen Grundlagenarbeit des Vereins Wiener Jugendzentren den gesamten Prozess. Die Interviews mit den ExpertInnen aus dem Sozialraum wurden im Rahmen einer Masterthesis an der FH Campus Wien, Department Soziales von Sigrid Holzinger durchgeführt und von ihr inhaltsanalytisch ausgewertet, während die Durchführung der anderen Methoden in die regelmäßigen Abläufe des Jugendzentrumsalltags integriert wurden. In einer Weiterentwicklung der Methodik der strukturierten Stadtteilbegehung mit den Zielgruppen, verlagerten wir diese teilweise in den virtuellen Raum und führten sie, mitgeschnitten mit einer Screen-Camera Software, via Google-Earth am Computer durch.
Unsere selbstgestellte Anforderung war, neben der Analyse der Ergebnisse einzelner Methoden, diese auch miteinander zu verschränken und dadurch wichtige Faktoren und komplexe sozialräumliche Zusammenhänge besser erkennen zu können. Dies sollte nicht nur zu einer dichten Beschreibung des Stadtteil als Aneignungsraum von Heranwachsenden führen sondern auch eine stufenweise Konzeptanpassung der Einrichtung in den nächsten Jahren ermöglichen.
Die Präsentation der Ergebnisse mit Vorschlägen zur Stadtentwicklung, in der hier vorliegenden umfangreichen Dokumentation zusammengefasst, erfolgte in einer öffentlichen Veranstaltung in der JugendZone 16. Hierbei waren der amtsführende Wiener Stadtrat, VertreterInnen der regionalen Politik, KooperationspartnerInnen aber auch MedienvertreterInnen anwesend. Zusätzlich wurden die visualisierten Ergebnisse in der gesamten Einrichtung ausgestellt, um im Rahmen dieser Präsentation die Möglichkeit zur Diskussion und Rückfragen zu bieten. Sowohl die zahlreichen Fragestellungen und Diskussionsbeiträge im Anschluss an die Präsentation, als auch die mediale Berichterstattung, die sich großteils auf die von uns untersuchte Thematik der Wettspielcafes bezog, zeigten das große Interesse an dieser Untersuchung, die hier als download zur Verfügung steht. Sowohl in dieser umfassend illustrierten Dokumentation wie auch im Anhang finden sich viele Hinweise, Materialien zur Sozialraumanalyse und Abbildungen wieder, die als Anregung für ähnliche Projekte dienen können.
Forschungsbericht
PDF-Datei, 3,4 MB
Krisch, Richard (2009): Sozialräumliche Methodik der Jugendarbeit. Aktivierende Zugänge und praxisleitende Verfahren. Juventa Verlag, Weinheim und München.
Zitiervorschlag
Holzhacker, Christian (2010): Expedition JugendZone: Sozialraumanalyse Wien Ottakring. In: sozialraum.de (2) Ausgabe 2/2010. URL: https://www.sozialraum.de/expedition-jugendzone.php, Datum des Zugriffs: 21.12.2024