Altersvorsorgehandeln im transnationalen Raum – Konzeptionelle und empirische Analysen am Beispiel der Pendelmigration türkeistämmiger Migrant*innen

Ina Conen

Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie die im deutschen Wohlfahrtsstaat demografisch relevante Bevölkerungsgruppe der türkeistämmigen Migrant*innen im Rahmen ihrer Altersvorsorge Ländergrenzen überschreitende Raumbezüge herstellt und nutzt und welche Implikationen sich aus dieser Situation ergeben. Die empirische Datenbasis bildet eine qualitative Studie, in der 23 türkeistämmige Personen hinsichtlich ihres Altersvorsorgehandelns befragt wurden.

Im Ergebnis verdeutlicht der Beitrag transnationale Handlungsstrategien von Akteur*innen in wohlfahrtsstaatlichen Strukturen zum Zwecke ihrer sozialen Sicherung im Alter. Im Rahmen dessen weist er sozialen Beziehungen und Ressourcen in transnationalen Raumstrukturen türkeistämmiger Migrant*innen eine besondere Bedeutung zu.

Der Aufbau des Artikels gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil stellt das Phänomen der transnationalen Altersvorsorge vor und bestimmt dieses im Konzept der transnationalen Räume theoriesystematisch. Auf Grundlage einer empirischen Studie beschreibt und analysiert der zweite Teil die Relevanz transnationaler Räume für Altersvorsorgehandeln in exemplarischer Weise. Der Beitrag endet mit einem Fazit zu spezifischen Schlussfolgerungen für den Umgang mit Pendelmigrant*innen in der Sozialen Arbeit.

1. Das Phänomen grenzüberschreitender Altersvorsorge und seine theoriesystematische Einordnung

Die sozialpolitische Relevanz der in diesem Beitrag bearbeiteten Thematik ergibt sich insbesondere durch das in den Rentenreformen von 2001 bis 2006 festgeschriebene Eigenverantwortungsgebot im Rahmen der Altersvorsorge (Brettschneider 2009). Durch eine Erhöhung des individuellen Beitrags zur Altersvorsorge soll das sinkende staatliche Rentenniveau zur Sicherung des Lebensstandards im Rentenalter eigenverantwortlich kompensiert werden (Wilke 2016).

Dabei kann angenommen werden, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen – in Abhängigkeit von den entsprechenden Lebenslagen und damit verbundenen Optionen – dem Eigenverantwortungsgebot auf unterschiedliche Weise begegnen. Dabei können für Personen und Gruppen mit Zuwanderungsgeschichte Vorsorgeoptionen im transnationalen Raum eine besondere Rolle spielen.

Jedoch existieren trotz der sozialpolitischen Relevanz der Ausgestaltung von Altersvorsorge im transnationalen Raum zu dieser Thematik nur wenige empirische Studien. Zentrale vorliegende Arbeiten sind die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung „Alterssicherung von Personen mit Migrationshintergrund“ (Frick/Grabka/Groh-Samberg 2009), die Studien des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsförderung (ZfTI) „Altersvorsorge türkeistämmiger Bevölkerung“ (Halm/Sauer 2010) und „Migranten und Finanzdienstleistungen“ (Hayen et al. 2005) sowie Erhebungen im Rahmen einer Dissertation zu Vorsorgeerwartungen älterer Pendelmigrant*innen von Strumpen (2018).

Im Rahmen einer qualitativen Studie zur Altersvorsorge von türkeistämmigen Personen stellt das Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung bei der zukünftigen Rentner*innengeneration eine transnationale Orientierung sowohl hinsichtlich der geplanten Lebensführung im Alter als auch bei der Auswahl der Ressourcen für Altersvorsorge heraus, beispielsweise durch den beabsichtigten Transfer der Rentenbezüge ins jeweils andere Ausland, Immobilienerwerb in der Türkei, dem Kauf und Transfer von Finanzmarktprodukten zwischen Deutschland und der Türkei und Beteiligungen an transnationalen Geschäften (Halm/Sauer 2010). Transnationale Strategien des Altersvorsorgehandelns finden sich zudem in der geplanten Veränderung des räumlichen Lebensmittelpunkts sowie der Berücksichtigung grenzüberschreitender intergenerationaler Transfers zwischen Familienmitgliedern (Conen 2017).

Diese Veränderung des Lebensschwerpunktes ist empirisch evident, und wird in der Forschungsliteratur unter dem Phänomen der Pendelmigration (vgl. Baykara-Krumme et al. 2012; Palenga-Möllenbeck 2014; Strumpen 2018) oder Ruhesitzwanderung (vgl. Oliver 2008; Kaiser 2011) berücksichtigt. Amtliche Statistiken erfassen dieses Migrationsaktivitäten nur, wenn die Verlagerung des Wohnsitzes meldebehördlich kundig wird. Im Rahmen der Berichterstattung zur Alterssicherung, beispielsweise den Alterssicherungsberichten der Bundesregierung, wird Migration als eine die Alterssicherung beeinflussende Lebenslage berücksichtigt, allerdings nur bezogen auf den Aufbau sozialer Sicherung in Deutschland.

Mobilitätsmuster, bei denen sich nach einer Erwerbsphase im deutschen Wohlfahrtstaat eine zirkuläre Mobilität zwischen Deutschland und der Türkei im Rentenalter anschließt (Strumpen 2018), werden nicht erfasst. Und dies obwohl die jährliche ZfTI Mehrthemenbefragung der Türkeistämmigen in NRW verdeutlicht, dass 37,3 % der sogenannten zweiten Generation – also der Altersklasse der ca. 35 – 55jährigen – eine transnationale Lebensführung im Alter in Erwägung ziehen (Sauer 2018).

Für diese zukünftige Rentner*innengeneration kann die Erhöhung der Eigenverantwortung für ihre Altersvorsorge zu einem stärkeren Einbezug des transnationalen Raumes auf zwei Ebenen führen, (1) der Mesoebene in Form von sozialen Formationen und (2) der Makroebene der wohlfahrtstaatlichen Gelegenheitsstrukturen.

1.1 Soziale Strukturen der Altersvorsorge

Türkeistämmige Bürger*innen können zum Zweck ihrer Altersvorsorge potenziell auf etablierte soziale Strukturen zurückgreifen, um ihr soziales Gefüge über den räumlichen Bezugsrahmen nationalstaatlicher Grenzen hinaus zu erweitern. Diese Möglichkeit der Erweiterung des sozialen Gefüges, auch ohne andauernde Anwesenheit an einem Ort, beruht auf Beziehungen und Bindungen aus transnationalen Großfamilien, Netzwerken und Vereinen.

Zudem existieren auf der Makroebene des für die Altersvorsorge relevanten Wohlfahrtsstaates Gelegenheitsstrukturen, d. h. sozialpolitische Maßnahmen, die „individuell nutzbare Handlungsspielräume durch unterscheidbare Interventionsformen eröffnen können“ (Butterwegge 2012: 26). Im Fall Deutschland und Türkei bestehen auf der Ebene der staatlichen Sozialpolitik beider Länder wohlfahrtsstaatliche Gelegenheitsstrukturen durch Verflechtungen, die auf das 1964 abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen zurückgehen. Diese zeigen sich in Gestalt einer Vielzahl von Verwaltungsroutinen der beteiligten institutionellen Akteur*innen: Während die Einzahlung von Beiträgen und die Auszahlung von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung je Land getrennt erfolgt, so werden die dafür erforderlichen Informationen gegenseitig zur Verfügung gestellt. Beitragsbezogene Leistungen werden im jeweils anderen Land ausgezahlt und Versicherungszeiten werden gegenseitig anerkannt. Eine gemeinsame und damit binational organisierte Beratung zu Rentenfragen findet jeweils in beiden Ländern statt.

In den letzten 25 Jahren hat der Umfang der in Deutschland erworbenen und im Ausland ausgezahlten sogenannten Auslandsrenten um mehr als 50 % zugenommen (Deutsche Rentenversicherung 2019: 15). Diese entfallen im Wesentlichen auf das europäische Ausland, einmal begründet durch Grenzpendler*innen oder durch die Verrentung der Arbeitsmigrant*innen der 60er und 70er Jahre aus EU-Staaten. Aber auch mit Blick auf den Drittstaat Türkei zeigt sich eine Zunahme der ausgezahlten Auslandsrenten. Nach Zahlen der deutschen Rentenversicherung wurden 2018 – unabhängig von der Staatbürgerschaft – 75.029 Renten nach dem Sozialversicherungsabkommen aus Deutschland in die Türkei überwiesen (Deutsche Rentenversicherung 2019: 14).

In der Türkei besteht neben der Auslandsrente seit 1985 für Türkeistämmige im Ausland die Möglichkeit des Erwerbs von Anwartschaften durch Nachentrichtung von (pauschalen) Beiträgen. Damit besteht faktisch die Möglichkeit, auf der Basis der durch die deutsche gesetzliche Rentenversicherung dokumentierten Versicherungsjahre in Deutschland, in der Türkei eine zweite innerstaatliche Rente zu beziehen. Diese Rente ist auch nach Deutschland transferierbar (Aşkın 2004).

Gelegenheitsstrukturen der privaten Altersvorsorge zwischen Deutschland und der Türkei fußen auf einem gewachsenen „transstaatlichen Wirtschaftsraum“ (Rieple 2000: 87), in dem grenzüberschreitend staatliche und parastaatliche Akteur*innen agieren, wie beispielsweise die türkisch-deutsche Industrie- und Handelskammer, eine Vielzahl von Wirtschaftsverbänden oder deutsche und türkische Banken mit Geschäftssitzen im jeweils anderen Land. Diese Vielzahl von Verflechtungen führt zur Entwicklung eines transnationalen Wirtschafts- und Sozialraumes.

1.2 Der transnationale Raum Deutschland-Türkei

Innerhalb jener Ansätze der Migrationsforschung, die sich forschungskonzeptionell auf die Transnationalität beziehen, werden wiederkehrende soziale Aktivitäten von Einzelpersonen und Kollektiven über nationalstaatliche Grenzen hinweg beschrieben und analysiert. Diese erstrecken sich als ein „Spektrum von grenzübergreifenden Transaktionen in verschiedenen Sphären des sozialen Lebens – familiale, soziokulturelle, wirtschaftliche und politische, welche vom Reisen über Finanztransfers bis zum Ideenaustausch reicht“ (Faist/Fauser/Reisenauer 2014: 26).

Faist (2000: 51 ff.) benennt drei gegebene historische Voraussetzungen, die es erleichtern, den Raum Deutschland-Türkei als bearbeitbaren Fall für die Untersuchung transnationaler Räume und ihrer Nutzung heranziehen zu können: Die heutigen Bindungen zwischen der Türkei und Deutschland gründen sich erstens nicht auf historische Verflechtungen konfliktträchtigen Ursprungs, wie sie beispielsweise durch Annektierungen oder durch Kolonialismus hervorgebracht werden. Das Mobilitätsgeschehen kann daher im Falle Deutschlands und der Türkei als nicht durch Territorialitätskonflikte erzwungen betrachtet werden. Dadurch variiert die Migrationsform von der freiwilligen Migration bis hin zur durch Flucht erzwungenen Migration, beispielsweise die der Kurd*innen und Alevit*innen, und bietet insofern einen Erkenntnisgewinn für unterschiedliche transnationale Räume und deren Nutzung.

Türkeistämmige Menschen können zweitens als zahlenmäßig bedeutsame Immigrant*innengruppe in Deutschland eingestuft werden. Aydın (2014: 16) verweist auf die zunehmende politische Partizipation und Repräsentation türkeistämmiger Bürger*innen in Deutschland: „Neben den zahlreichen türkeistämmigen Mandatsträgern in den Bezirks- bzw. Kreisversammlungen und Landesparlamenten haben aktuell 11 Abgeordnete im 18. Bundestag und eine Staatsministerin (Aydan Özoğuz, Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration) einen türkischen Migrationshintergrund“.

Umgekehrt sind drittens in Deutschland lebende Türkeistämmige auch eine für die Türkei interessante Emigrant*innengruppe. Denn die Gruppe der in Deutschland lebenden sogenannten Auslandstürken ist, neben denen in den Niederlanden und in Frankreich, für den türkischen Staat außenwirtschaftlich, aber auch außenpolitisch – z. B. für einen möglichen EU-Beitritt – (Aydın 2014: 17) bedeutsam. Der türkische Staat unterhält eine lebhafte Diasporapolitik, die beispielsweise durch das seit 2010 bestehende Amt für Auslandstürken und verwandte Gemeinschaften (Yurtdışı Türkler ve Akraba Topluluklar Başkanlığı, YTB) institutionalisiert wurde. Dank eines erwerbbaren offiziellen Ausweisdokumentes, der Mavi Kart, besteht auch für deutsche Staatsbürger*innen mit einer vormals eigenen oder elterlichen türkischen Staatsbürgerschaft ein Rechtsstatus, der in vielen Bereichen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes ähnliche Rechte garantiert wie eine türkische Staatsbürgerschaft.

1.3 Das Konzept transnationaler Räume und seine politische Dimension

Faist, Fauser und Reisenauer (2013; 2014) haben mit dem Konzept der transnationalen Räume einen Ansatz zur Erforschung der politischen Dimension von Transnationalität vorgelegt, hinsichtlich derer laut Faist (2004) in der Migrationssoziologie bislang eine Forschungslücke existierte. Zur Dimension der Transnationalität gehören alle jene Inhalte, Formen und Strukturen von Politiken der Grenzgestaltung durch Einwanderungs- und Rekrutierungspolitiken von Nationalstaaten, die die Ausbildung von transnationalen Räumen betreffen: die direkt grenzüberschreitende Personenmobilität, aber auch die indirekt grenzüberschreitenden Güterkreisläufe und deren Transportwesen.

Bezogen auf das Phänomen des individuellen Altersvorsorgehandelns ist die politische Dimension von Transnationalität in zweierlei Hinsicht interessant: erstens bestimmen Einwanderungspolitiken in signifikanter Weise den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit die Erwerbsbiographien von Migrant*innen. Letztere wiederum bilden die ökonomische Basis des Altersvorsorgehandelns (Frick et al. 2009; Tucci/Yıldız 2012; Brettschneider/Klammer 2016). Zweitens werden durch eine Politik der Grenzgestaltung (Mau 2007; Mau et al. 2008) auch Pendelmuster und Handel reguliert. Dies zeigt sich mit Bezug auf die Altersvorsorge beispielsweise an Hand der Diasporapolitik der Türkei, die mit Rechtskonstruktionen wie der Mavi Kart den transnationalen Handel und Erwerb von Immobilien unterstützt, die beide altersvorsorgerelevant sind (Halm/Sauer 2010).

Faist, Fauser und Reisenauer (2014: 22) definieren den transnationalen Raum als „grenzübergreifende soziale Strukturen“, die zur Entstehung und Reproduktion von sich über nationalstaatliche Grenzen hinweg erstreckenden Sozialräumen führen. Innerhalb dessen agieren Akteur*innen in Kontaktfeldern von beispielsweise Familien oder Expert*innennetzwerken, wobei dieses Agieren von unterschiedlicher Dichte sein kann. Faist (2000) betrachtet innerhalb seines Konzepts der transnationalen Räume soziale Formationen primär unter dem Aspekt der Ressourcengewinnung und des Transfers. Dieser Ansatz beruht auf der Annahme, dass innerhalb von Gruppen und Netzwerken durch soziale Austauschbeziehungen Kapitalsorten mobilisiert werden. Der Austausch von Ressourcen in sozialen Beziehungen vollzieht sich durch den sozialen Mechanismus der Reziprozität und geht einher mit der Norm der Wechselseitigkeit.

1.4 Das Soziale im transnationalen Raum: Netzwerke und Organisationen als konstituierende Elemente

Netzwerke und Organisationen werden zu „Transmissionsriemen“ (Faist 2000: 18) im transnationalen Raum, indem sie grenzüberschreitende soziale Beziehungen und die Mobilisierung von Ressourcen organisieren. Die Mesoebene ist dementsprechend der wichtigste Baustein des Konzeptes transnationaler sozialer Räume, der auch eine Abgrenzung zu verwandten Konzepten zulässt. Denn zum einen geraten mit der Einbeziehung der Mesoebene - im Gegensatz zum etatistischen Internationalismusverständnis – auch die kollektive Akteur*innen in den Blick, die nicht in interstaatlichen Beziehungen organisiert sind. Dazu zählen u. a. wirtschaftliche Vereinigungen, Nichtregierungsorganisationen, religiöse Gruppierungen oder spezifische Communities (bspw. die deutsch-türkische Popszene). Und zum anderen werden die sozialen Mechanismen abgebildet, die transnationale soziale Räume konstituieren, d. h. soziale Bindungen innerhalb von Kleingruppen, Gemeinschaften und Kreisläufen sowie die Gestaltung ihrer Austauschbeziehungen (Faist/Fauser/Reisenauer 2014). Im Rahmen des Konzeptes der transnationalen sozialen Räume differieren diese Austauschbeziehungen zwischen den sozialen Formationen von Netzwerken, Kreisläufen und Gemeinschaften. Deren Hauptunterschied zeigt sich über den jeweiligen sozialen Mechanismus der Reziprozität, der bei Netzwerken in der Norm des gleichwertigen Tausches, innerhalb von materiellen Kreisläufen in den bestehenden gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Geber*innen und Empfänger*innen (bzw. umgekehrt) und bei Gemeinschaften in der Betonung und Zusicherung gemeinsam geteilter Überzeugungen liegt.

1.5 Konzeptioneller Einbezug lokaler Dimensionen in transnationalen Raumanalysen

Mit Blick auf Konzepte, die sich theoretisch und empirisch mit grenzüberschreitenden sozialen Bezugssystemen und Räumen innerhalb von Migrationsphänomenen beschäftigen, existieren analytische Bezugspunkte insbesondere in der Arbeit von Pries (1996; 2010; 2014). Pries zufolge ist der transnationale soziale Raum ein durch Sozialbeziehungen konstruierter Raum, innerhalb dessen das Herkunftsland und das Ankunftsland von Transmigrant*innen verbunden sind.

Der transnationale soziale Raum lässt sich anhand von mehreren Merkmalskategorien beschreiben. Zu diesen Kategorien zählen der in den sozialen Raum wirkende politisch-rechtliche Rahmen, seine materielle Infrastruktur, die eigenen sozialen Strukturen und Institutionen des transnationalen sozialen Raumes sowie erkennbare eigene (hybride) Identitäten und Lebensprojekte der Transmigrant*innen (ebd.: 469). Pries (1996) nimmt dabei explizit Bezug zum Konzept der Lebenswelten von Alfred Schütz und zum Bourdieu‘schen Modell des sozialen Raumes. Diese Lebensweltorientierung schlägt sich sowohl theoretisch als auch empirisch nieder, denn laut Pries (2010: 148) geraten durch die geteilten „transnationalen alltäglichen Lebenswelten“ die existierenden pluri-lokalen und sozialen Beziehungen von Transmigrant*innen in den Focus.

Kritisch anzumerken ist hier, dass durch die Aufteilung in Herkunfts- und Ankunftsland die Tendenz zu einer weiterhin bestehenden Nationalismusperspektive, eingekleidet in eine interstaatliche oder binationale Betrachtung, besteht (Levitt/Glick Schiller 2004).

Mit dem zuvor abgebildeten Begriffsverständnis von (Pries 1996; 2010) besteht der Anschluss an die aktuelle erziehungswissenschaftliche Debatte um die Transnationalisierung der Sozialen Arbeit (vgl. etwa Homfeldt, Schröer und Schweppe 2007). Theoretische, aber auch forschungspraktische Bezugspunkte dieser Debatte finden sich vor allem zu den Themenkomplexen (i) der transnational organisierten Care Arbeit, (ii) zum Handeln grenzüberschreitender zivilgesellschaftlicher Akteur*innen und (iii) der Rolle überstaatlicher sozialer und politischer Rechte, wie bzw. der Menschenrechte (Homfeldt/Schröer/Schweppe 2008: 12). In allen drei Themenbereichen sind territoriale und ressourcenbezogene Raumbezüge von relativ geringem Interesse. So findet das migrationssoziologische Argument der Anbindung von Ressourcen an konkret lokalisierbare Räume als „local assets“ (Faist 2007: 7), z. B. in Form von national gültigen Berufsordnungen, geringe Berücksichtigung.

1.6 Das Raumkonzept transnationaler Räume

Transnationale Räume können verstanden werden als relationale Raume über „weite flächenförmige Entfernungen hinweg“. Angewandt auf die hier interessierenden langjährig in einem Land lebenden Migrant*innen, die im Kontext zweier Länder hinsichtlich ihrer Altersvorsorge agieren, bilden die territorial identifizierbaren Räume einen „relativ verdichteten Sozialraum über Flächenräume“ (Baraulina/Kreienbring 2013: 235) in dem Lokalitäten durchaus von Bedeutung sind. In transnationalen Räumen werden jedoch durch die Koordination von An- und Abwesenheit konstante Beziehungen pluri-lokal gestaltet, sodass sich die Reichweite von Beziehungen über den aktuellen Ort hinaus erhöht.

Innerhalb des Konzeptes der Transnationalität werden Raumstrukturen von Handlungen also nicht aufgelöst. Handlungen sind an konkrete Lokalitäten gebunden, ein Ortsbezug besteht sowohl durch die konkreten Sach- und Güterwerte als auch durch regional gültige Ordnungen und durch immaterielle Güter, beispielsweise eine erreichte Arbeitsmarktposition in einer Branche mit einer spezifischen Relevanz innerhalb einer Region und die daraus entstehenden Ressourcenzugänge. Eine Ausnahme bilden familiale Beziehungen. Diese können relativ frei von Ortsbezügen funktionieren, da Bindungen über komplementäre Rollen und (weitgehend) unkündbaren Mitgliedschaften existieren, wie sie auch durch Unterhaltsverpflichtungen formalisiert werden.

Insgesamt aber verlieren die sozialen Beziehungen transnational orientierter Menschen „die exklusive Bindung an einen Ort und verteilen sich stattdessen über mehrere Lokalitäten“ (Parnreiter 2000: 38). Dies wird möglich, da die Akteur*innen ihre An- und Abwesenheit räumlich sowie zeitlich so organisieren, dass sie „Reichweitenvergrößerung, Mittelbarkeit und Zunahme von Kopräsenz“ (Mau 2007: 288 f.) erreichen. Im Falle der türkischen Community in Deutschland vollzieht sich dies z. B. durch ausgedehnte Besuche in der Ferienzeit in der Türkei oder durch die tägliche Kommunikation über Messenger Dienste oder webbasierte Videokommunikation. Räume werden so je nach An- oder Abwesenheit zu Nah- und Fernräumen, oder existieren parallel als virtuelle Räume. Damit verlaufen Wissens- und Handlungsformen, die an Territorien gebunden sind, gewissermaßen quer zu Nationalstaaten, da die handelnden Akteur*innen sowohl geographisch als auch in sozialräumlicher Hinsicht ihren Referenzrahmen erweitern (Graßhoff/Schweppe 2012: 173). Konkret wird diese Referenzrahmenerweiterung bei Ressourcen, die erst durch ihre grenzüberschreitenden Transaktionen gewonnen werden. Im Fall des Aufbaus von Alterssicherung ist dies bspw. gegeben, bei dem Kauf eines erschwinglichen Sommerhauses in der Türkei, ermöglicht durch Kaufkraftunterschiede zwischen den beiden Ländern (und dem Wissen darum) mit dem Ziel, im Rahmen des Erwerbslebens in Deutschland einen potenziellen Altersruhesitz in der Türkei zu erwirtschaften.

Entscheidend ist hierbei, dass die transnational agierenden Akteur*innen sich mit Blick auf lokalisierbare Bindungen und Ressourcen nicht ausschließlich oder überwiegend auf den abgegrenzten Flächenraum eines Nationalstaates beziehen (Pries 2010: 153). Denn sie transferieren Ressourcen und kontextualisieren – auf der Basis dieses erweiterten Referenzrahmens – ihr Wissen und damit ihre Handlungen, die sie gegebenenfalls an den jeweiligen Kontext anpassen.

Transnationale Räume integrieren dabei zwei weitere Raumtypen: soziale Nahräume und digitale Räume. Dabei sind zentrale Funktionen dieser beiden Raumtypen – Reichweitenvergrößerung sozialer Beziehungen und soziale Unterstützung –als Elemente in transnationalen Räumen eingelassen. Transmigrant*innen nutzen je nach An- oder Abwesenheit die soziale oder lokale Dimension von Räumen in Nah- und Fernräumen oder verlagern Inhalte digitalisiert in den virtuellen Raum (Mau 2007). Entscheidend sind dabei die Mechanismen zur Aufrechterhaltung der grenzüberschreitenden Transaktionen und Bindungen im Wechselspiel der Räume (Faist 2000), sodass beispielsweise Transmigrant*innen ihre in virtuellen Räumen entstandenen Beziehungen auch in Anwesenheit in sozialen Nahräumen pflegen können oder ihre Ressourcenzugänge aus sozialen Nahräumen bei ihrer Abwesenheit in Fernräumen fortbestehen.

Vor diesem konzeptionellen Hintergrund sollen die Relationen zwischen transnationalen Räumen, digitalen Räumen und sozialen Nahräumen in den folgenden beiden Abschnitten noch etwas ausführlicher zur Betrachtung kommen.

1.7 Die Handlungsnorm der Reziprozität in digitalen Räumen: Das Problem der Anwesenheit

Digitale Technologien ermöglichen Optionen für Kommunikation und Interaktion von Altersvorsorgeakteur*innen und schaffen damit die technischen Raumbedingungen für virtuelle Räume. Diese Bedingungen sind dann mit sozialräumlichen Ordnungsstrukturen, die Auswirkungen auf Realitätskonstruktionen haben, verbunden. Jöns, Gottberg und Gottschick (2018) sprechen daher von dem digitalen Raum als Raum, in dem die technologische Struktur ordnungsprägend ist und dann sozial angeeignet werden kann. Thiedeke (2012: 125) begreift digitale Räume als „symbolisch begrenzte Territorien“, die zwar als „imaginäre Räume“ bestehen, aber „wie konkrete Topografien begrenzte Interaktionsbedingungen aufweisen“, verbunden mit Raumerwartungen und Raumbedingungen.

Interaktionen im digitalen Raum sind eingebettet in soziale Ordnungen, die auf Erwartungen und Bedingungen basieren und symbolischen Territorien zugehörig sind. Unter diese können beispielsweise Chatrooms gefasst werden, die Grenzen der Zugehörigkeit, z. B. in Form von Wissen um die formellen und informellen Gesprächsregeln, definieren. Ferner sind die Interaktionen abhängig von den Gestaltungsmöglichkeiten der Technologien, die kontrollieren, steuern und manipulieren können.

Interessant ist an dieser Stelle die Möglichkeit der Manipulation, bei der Thiedeke (ebd.) annimmt, dass diese Räume hinsichtlich ihrer „physischen und zeitlichen Bedingungen [...] ständig formbar sind“. Demzufolge können die kommunizierenden Akteur*innen (User) zeit- und ortunabhängig kommunizieren und ihre Kommunikationsforen ihren Bedürfnissen einseitig individuell anpassen. Akteur*innen passen ihre Schnittstellen (Interfaces) im Rahmen ihrer technologischen Ausstattung abhängig von ihren individuellen Bedürfnissen an. Sie sind dabei relativ unabhängig von anderen User*innen, was zu einer geringen Interdependenz mit den Routinen anderer zur Folge hat.

Empirisch spielt digitalisierte Kommunikation (gemeint sind vornehmlich Webseiten, Apps und digitale Plattformen) neben webbasierten Nachrichten- und Unterhaltungsdiensten im transnationalen Raum eine bedeutende Rolle (Faist/Fauser/Reisenauer 2014: 169). Theoretisch dienen diese Medien der Organisation der „Transmissionsriemen“ (Faist 2000: 8) transnationaler Räume, indem soziale Gruppen ihre räumlich aber auch zeitlich versetzte Interaktionen via Medien koordinieren können, und dabei ihre Raumbedingungen formen. Individuell realisieren transnational agierende Akteur*innen ihre Ko-Präsenz an mehreren Orten über digitale Kommunikation und stellen so die für den sozialen Mechanismus der Reziprozität notwendige Nähe bei physischer Distanz her (Reisenauer 2017: 109).

Dennoch bestehen Unterschiede zu transnationalen Räumen, die sich mit dem sozialen Mechanismus der Reziprozität erklären lassen (Faist 2000). Faist sieht in dem sozialen Mechanismus der Reziprozität einen wesentlichen Faktor, der insbesondere bei transnationalen Familien dazu führt, verbindlich und kontinuierlich Bindungen zu pflegen und Ressourcen zu transferieren, da dieser Austausch auf der Norm der Gegenseitigkeit (Höpflinger/Hugentobler/Fragnière 2008) beruht. Reziprozität besteht aber nicht nur als eine Norm des sozialen Austausches, sondern ist auch verbunden mit der Erwartungssicherheit (psychologisch als Vertrauen, das zukünftig der*die Andere Äquivalentes tauscht) welches durch intensive und interdependente Beziehungen bestärkt wird. Reisenauer (2018: 116) führt dazu auf Basis ihrer empirischen Studie aus, dass relativ regelmäßige Anwesenheit, beispielsweise durch einen jährlichen, längeren Sommerurlaub, grenzüberschreitende Bindungen unterstützt, die mit der Handlungsnorm der Reziprozität verbunden sind. Hinzufügen lässt sich hier die Annahme, dass Akteur*innen in intensiveren Kontakten eher mit der Notwendigkeit von Wechselseitigkeit in Austauschprozessen konfrontiert sind.

Dieser Argumentation zur Folge bietet die Pflege von ausschließlich digital geführten Kontakten in ihrer Dichte und Tiefe sowie dem erforderlichen Grad der Gegenseitigkeit unzureichende Voraussetzungen für die effektive Entstehung der Handlungsnorm der Reziprozität. Dies verschärft sich bezogen auf die Altersvorsorge, die mit einer mittel bis langfristigen Planungsperspektive versehen ist, denn intergenerationale Transfers der Altersvorsorge erstrecken sich über lange Zeiträume. Ein Beispiel für die Altersvorsorge von Menschen in der Lebensmitte stellt der Fall dar, wenn in Deutschland lebende Familienmitglieder andere, in der Türkei lebende Mitglieder finanziell beim Start eines transnationalen Geschäftes unterstützen, davon ausgehend, von diesen im Falle ihrer Pendel- oder Remigration in 10 oder 15 Jahren in die Türkei soziale Unterstützung zu erfahren.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass digitale soziale Räume nur eingeschränkt in der Lage sind, nahräumliche Anwesenheit und ausreichende interdependente Handlungen sowie die notwendige langfristige Verbindlichkeit für zukünftige Zugänge zu Ressourcen schaffen. Sie schließen damit systematisch ein konstituierendes Element des transnationalen Raumes aus, nämlich den sozialen Mechanismus der Reziprozität bei langfristigen Interaktionen von sozialen Gruppen. Der nächste Abschnitt geht genau einem gegenteiligen Bedingungsgefüge nach, denn in den nun im Folgenden vorgestellten sozialen Nahräumen stellt Anwesenheit eine Vorrausetzung zur Bildung des Raumes dar.

1.8 Soziale Unterstützung in sozialen Nahräumen: Das Problem der Abwesenheit

Während ein Spezifikum transnationaler Räume darin zu sehen ist, dass der Sozial- und der Flächenraum nicht kongruent sind und das Akteur*innen in transnationalen Räumen eine Ko-Präsenz an mehreren Orten führen können, so gilt Umgekehrtes für Nachbarschaften und Quartiere. Nachbarschaften und Quartiere, werden häufig sinngleich verwendet und bezeichnen einen Lebensraum, dessen Zugang durch den Wohnsitz gegeben ist (Schnur 2008). Definitionen und Beschreibungen zum Quartier weisen häufig auf einen im Vergleich zur Nachbarschaft bestehenden Bezugsrahmen hin, da durch Städteplanung oder politische Programme die Infrastruktur angesprochen wird: „‚Quartier‘ bezeichnet einen sozialen Raum, der kleiner als ein (administrativ abgegrenzter) Stadtteil, aber durchaus vielfältiger sein kann als ein Wohngebiet, das planungsrechtlich nur dem Wohnzweck dient“ (Alisch 2002: 60). Nachbarschaften hingegen sind enger verknüpft mit einer über soziale Nähe entstandenen Gemeinschaft, die sich auch in Austausch- und Hilfsleistungen ausdrückt: „Neighbourhood is a key living space through which people get access to material and social resources, across which they pass to reach other opportunities and which symbolises aspects of the identity of those living there, to themselves and to outsiders“ (Healey 1998: 69).

Berding, Bukow und Cudak (2018) weisen auf zwei Aspekte hin, die sowohl Nachbarschaften als auch Quartiere von transnationalen Räumen unterscheiden: erstens benötigen Alltagsroutinen einen relativ kontinuierlichen sowie konkret physisch erlebbaren sozialräumlichen Kontext innerhalb dessen sie praktiziert werden. Damit verweisen die Autor*innen auf die Sozialität der Nahräume. Zum zweiten sind diese Räume aber als ein Umfeld zu verstehen, welches funktional differenziert Organisationen und Einrichtungen in Lokalitäten bereithalten, die für die alltägliche Lebensführung notwendig sind, wie bspw. Geschäfte des täglichen Bedarfs und ärztliche Versorgung oder kulturelle Angebote.

Blickt man nun auf die sozialen Unterstützungsprozesse, die in transnationalen Räumen systematisch durch die Reziprozität von sozialen Gruppen auf der Mesoebene verankert sind, so findet man diese insbesondere der (direkten) Nachbarschaft zugeordnet. In Nachbarschaften werden qua sozialer Nähe ideelle, aber auch praktische Gemeinschaften hergestellt, in denen in dichter sozialer Interaktion soziale Unterstützung geleistet wird. Schnur (2012: 11) kommt zu dem Schluss: „Das ‚vor Ort‘ der Alltagswelt übernimmt mehr und mehr sozialintegrative Funktionen, und die Organisation der freigesetzten, entankerten Individualbiografien benötigt ein ‚Headquarter‘, das nicht selten das Wohnquartier mit seinen Ressourcen darstellt“. Genau dieser Aspekt der Alltagswelt des ‚vor Ort‘ ist an eine Kongruenz des Sozial- und des Flächenraums gebunden, die im Rahmen von transnationalen Räumen für die Akteur*innen nicht durchgängig gegeben ist.

Nach der Diskussion unterschiedlicher Raumkategorien werden im Folgenden die empirischen Ergebnisse einer Studie zum Altersvorsorgehandeln türkeistämmiger Migrant*innen in der Lebensmitte – unter besonderer Berücksichtigung von für die Zukunft im Alter antizipierten Optionen grenzüberschreitender Transfers – vorgestellt.

2. Der Einbezug transnationaler Räume für den Aufbau von Altersvorsorge – empirische Befunde

Innerhalb einer zwischen 2014 und 2015 von der Autorin durchgeführten qualitativen Studie mit 23 türkeistämmigen Frauen und Männern zwischen 35 und 55 Jahren, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, zeigten sich unterschiedlich beabsichtigte Mobilitätsmuster und Mechanismen der Ressourcennutzung für die eigene Altersvorsorge innerhalb des transnationalen Raumes Deutschland-Türkei. Erhoben wurden die Daten im Rahmen von problemzentrierten Einzel- und Paarinterviews (Witzel 1985; 2000; Witzel/Reiter 2012), die anschließend in einem zweistufigen Verfahren (Hopf/Schmidt 1993; Hopf et al. 1995) mittels des thematischen Kodierens (Kuckartz 2016) zunächst fallübergreifend und dann fallbasiert (Flick 1996; 2007) ausgewertet wurden.

In der empirischen Analyse beobachtbar sind (i) transnationale Sicherungsstrategien, die als Ausdruck einer von Migration bestimmten Lebenslage gesehen werden können, und – damit verbunden – (ii) die Bedeutung der sozialen Selektivität von Optionen der Altersvorsorge.

Die im Folgenden detaillierter ausgeführten beiden Fälle (alle Namen pseudonymisiert) illustrieren idealtypisch den vom aktuellen Erwerbseinkommen abhängigen unterschiedlichen Einbezug von Ressourcen aus transnationalen Räumen, zu denen insbesondere ökonomisches Kapital und familiale Unterstützungsleistungen zählen. Das Ehepaar Albayrak entwirft eine zukünftige Familiensituation, bei der das Ehepaar u. a. aus Einkommensgründen eine Remigration in die Türkei plant und auf die finanzielle Unterstützung ihrer in Deutschland verbleibenden Kinder hofft. Im Fall des Ehepaars Bilgin versteht sich das Ehepaar als international orientiert, verfügt über ein relativ hohes Einkommen und plant temporär mobil zu sein. Internationalität und Mobilität basieren aber nicht auf der Notwendigkeit der Kompensation von zu geringem Einkommen und intergenerationale Transfers über nationalstaatliche Grenzen hinweg sind bedeutungslos.

2.1 Der Fall Ehepaar Albayrak – Soziale Sicherung im Alter durch Remigration und Transfers

Herr Albayrak, 37 Jahre alt und Vater von drei jüngeren Kindern, ist im Alter von 24 Jahren als Heiratsmigrant nach Deutschland gezogen. In der Türkei schloss er sein Studium als Lehrer ab, fand anschließend dort nur eine kurzzeitige Anstellung, und hat sich aufgrund der wirtschaftlichen Situation in der Türkei zur Emigration nach Deutschland entschieden. Er besitzt die türkische Staatsbürger*innenschaft. Die Nichtanerkennung seines Studiums und daraus resultierende fehlende Möglichkeit der Ausübung des Lehrerberufs in Deutschland führte nach der Migration zu Phasen von Erwerbslosigkeit und zur saisonalen Anstellung als Hilfsarbeiter.

Frau Albayrak, 36 Jahre alt, ist mit ihren Eltern im Rahmen einer Arbeitsmigration im Alter von sechs Jahren nach Deutschland eingewandert. Sie hat die Schule in Deutschland besucht sowie eine duale Ausbildung abgeschlossen und in ihrem Ausbildungsberuf gearbeitet. Seit der Geburt des ersten Kindes befindet sie sich in Elternzeit. Sie besitzt die deutsche Staatsbürger*innenschaft.

Der Haushalt verfügt über ein unterdurchschnittliches und schwankendes Haushaltseinkommen. Nahezu alle Ressourcen des Ehepaars Albayrak basieren auf in Deutschland lokalisierten Verträgen und Anwartschaften. Eine Ausnahme bildet ihr Sommerhaus in der Türkei. Mit Blick auf die Altersvorsorge beabsichtigt das Ehepaar, alle Verträge und Anwartschaften in Deutschland aufzulösen und als Startkapital für die Remigration in die Türkei einzusetzen. Zudem besteht für das Ehepaar die Option, die geplante Kapitalisierung der Riesterrente der Ehefrau für die Einzahlung in die türkische Rentenversicherung zum Erwerb einer zusätzlichen türkischen Rente zu nutzen. Der Ehemann schätzt seine soziale Lage im Alter am Beispiel der heutigen Rentner*innen in Deutschland so ein:

„Kann man leben hier. Zum Beispiel, ich denke hier an Rente, aber wie kannst du hier weiter machen? Hier Rente ist zu wenig geworden. Die Leute/ich höre manche alte Leute, sagen, ja, wir kriegen nur 500 Euro oder 600 Euro. Wir müssen wieder, wie heißt das, Arbeitsamt gehen. Kannst du nicht Miete bezahlen, 570. Ja, deswegen, ich wollte auch hier und Türkei zusammen, beides machen. Ich wollte so machen.“

Herr Albayrak führt die hohen Lebenshaltungskosten – insbesondere die Mietkosten - in Deutschland an, um auf seine drohende Altersarmut hinzuweisen. Mit dem geplanten Umzug in die Türkei – mit relativ niedrigeren Lebenshaltungskosten – sowie dem Bezug zweier Renten „auch hier und Türkei zusammen“ glaubt er die drohende Altersarmut abwenden zu können.

Diese transnationale Strategie ist verbunden mit einer erwarteten finanziellen Unterstützung durch ihre in Deutschland verbliebenen Kinder. Hier verweist die Ehefrau zunächst die auf Gegenseitigkeit beruhende Norm der sozialen Unterstützung in der eigenen Familie, die der Ehemann dann auf die eigene Situation im Alter bezieht:

Ehefrau: „Finanziell halt. Das ist dann halt monatlich. Ich meine, wenn die Eltern jetzt auch Geld brauchen oder irgendwie, irgendwas haben wollen, dann müssen wir gucken, dass wir denen auch mal rüberschicken. Und das wird auch gemacht. (…)

Ehemann: „Deswegen, ich wollte auch, wenn ich alt werde. Von unseren Kinder.“

In dem „rüberschicken“ kommt der Aspekt der grenzüberschreitenden Rücküberweisungen (remittances) innerhalb von transnationalen Familien (Pries 2014) zum Tragen. Die im Erwerbsleben stehenden Familienmitglieder unterstützen die in einem anderen Land lebenden bedürftigen Mitglieder der Familie finanziell. Hier zeigen sich auch Unterschiede zwischen der transnationalen Ruhesitzmigration und der Arbeitsmigration dergestalt, dass die im (groß)elterlichen Ankunftsland aufgewachsene, meist relativ immobile Generation der Kinder auf Basis ihres nicht durch Migration unterbrochenen Bildungs- und Erwerbslebens ein Arbeitseinkommen erwirtschaftet, das die familiale Unterstützung der remigrierten Eltern in deren Herkunfts- und Ruhesitzland ermöglicht.

Dieser Aspekt spielt bei unserem zweiten Beispiel, der Familie Bilgin, keine Rolle.

2.2 Der Fall Ehepaar Bilgin - Soziale Sicherung durch Kapitalbesitz

Herr Bilgin, 55 Jahre alt, besitzt wie seine 49-jährige Frau, die türkische Staatsangehörigkeit. Das Paar ist verheiratet und hat drei Kinder. Frau Bilgin lebt zum Zeitpunkt des Interviews seit zwei Jahren mit zweien der Kinder in Deutschland, das älteste Kind studiert hingegen weiterhin in der Türkei. Für Frau Bilgin ist dies eine Remigration, da sie ihre Kindheit und Jugend in Deutschland verbracht hat. Herr Bilgin reiste ein Jahr später als Hochqualifizierter über den Aufenthaltstitel der blauen Karte EU ein. Er absolvierte nach dem Abitur ein Studium in der Türkei und arbeitete neben seiner Tätigkeit in einem staatlichen Betrieb auch in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen. Herr Bilgin ist in Deutschland in seinem Beruf angestellt.

Frau Bilgin besuchte in Deutschland die Schule und wechselte in die Türkei, um dort Abitur und Studium zu absolvieren. In der Türkei gelang der Berufseintritt schon studienbegleitend und lückenlos, nicht zuletzt aufgrund ihrer Deutschkenntnisse. Zuletzt bekleidete sie in der Türkei eine gutbezahlte Stelle innerhalb einer Körperschaft der wirtschaftlichen Verwaltung. Nach ihrer zweiten Migration nach Deutschland besaß Frau Bilgin zunächst nur eine einjährig befristete Aufenthaltserlaubnis, die sich allerdings mit dem Nachzug ihres Ehemanns verlängerte.

Das Ehepaar bezieht bereits auf Grundlage des frühen Renteneintrittsalter der Türkei eine türkische Rente und gehen davon aus, mit ihren beiden sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnissen in Deutschland auch eine zusätzliche deutsche gesetzliche Rente beziehen zu können. Von Deutschland aus vermietet das Ehepaar eine Immobilie in der Türkei an internationale Tourist*innen. Die Mieteinkünfte wiederum transferiert das Ehepaar nach Deutschland. Auf Grund der unsicheren Wirtschaftslage in der Türkei möchte das Ehepaar aber zukünftig keine grenzüberschreitenden, finanziellen Transaktionen mehr tätigen. Daher erwägen sie, mit dem Kapital der in der Türkei verkauften Immobilie eine vermietbare Immobilie in Deutschland zu erwerben. Immobilienbesitz und die damit verbundenen Miteinkünfte bilden den Grundstock ihrer geplanten Absicherung im Alter, wie Frau Bilgin zum Ausdruck bringt:

„Aber wie es dann wird, wenn man aufhört zu arbeiten, das weiß ich nicht. Also deswegen sind so Mieteinnahmen immer die sichere, das sicherste Standbein quasi. Im Gegensatz jetzt zur Rente, was, wie gesagt, weniger wert sein kann. Also das ist unsere größte Garantie.“

Das Ehepaar pflegt Kontakte innerhalb eines internationalen Freund*innen-Netzwerkes, deren Mitglieder alle über gehobene Berufspositionen und wirtschaftsnahes Expert*innenwissen verfügen. Dieses Netzwerk diente in der Vergangenheit mehrfach dem Zugang zu altersvorsorgerelevanten Informationen oder Kontakten. Neben diesem sozialen Kapital besteht bei dem Ehepaar eine von Internationalität geprägte Orientierung, erworben durch Reisen, Auslandssaufenthalte sowie das Leben in einer internationalen Community in der Türkei. Frau Bilgins schildert ihre Vorstellungen vom Rentenalter wie folgt:

„Also, wenn ich nicht pflegebedürftig bin, dann gehe ich davon aus, ist es das Alter, wo die Kinder dann groß sind und unabhängig sind und wir nicht mehr ortsgebunden sind. Da kann ich mir schon vorstellen, dass man auch viel reist. Und mal, was weiß ich, drei Monate da bleibt, drei Monate hier bleibt. Das ist eigentlich mein Wunsch. Natürlich als Hauptort immer Germany.“

Hierdurch bringt Frau Bilgin zum Ausdruck, dass ihre Kinder als unabhängige Familienmitglieder gesehen werden und dass Mobilität in Form von Reisen zwar einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität leistet, aber keine Strategie der Einkommenskompensation darstellt. Ökonomisch abgesichert antizipiert Frau Bilgin den möglichen Pflegefall, den sie, falls nötig, auch durch Ortswechsel optimieren kann:

„Ja, und wenn man pflegebedürftig ist, dass man dann genug Geld hat, was ich hoffe, was auch sein wird, wenn wir so weitermachen mit unseren Anlagen. Dass man dann auch wenigstens eine Pflegekraft bezahlen kann. Vielleicht auch irgendwohin gehen, wo Pflegekräfte günstiger sind oder hier in Deutschland.“

In dieser Interviewpassage wird weder eine familiale Verpflichtung zur Hilfe angesprochen noch die Notwendigkeit einer monetären oder pflegerischen sozialen Unterstützung durch die eigenen Kinder im Alter thematisiert, da „man genug Geld hat“.

Im Unterschied zum Ehepaar Albayrak nutzt das Ehepaar Bilgin den transnationalen Raum während ihrer Ausbildungs- und Erwerbsphase. Hierdurch hat das Paar soziales und kulturelles Kapital gebildet und zudem entsteht durch das grenzüberschreitende Mietgeschäft ökonomisches Kapital. Perspektivisch verlagern sich die Grundlage der Alterssicherung des Ehepaars – als das ökonomische Kapital, welches durch grenzüberschreitende Transaktionen gebildete wurde – nach Deutschland. Der Immobilienbesitz, der den Grundstock des ökonomischen Kapitals bildet, sowie der Lebensmittelpunkt liegen im Rahmen dieser Planung in Deutschland. Insofern ist ein transnational erweiterter Relevanzrahmen der Alterssicherung nicht vorhanden.

Der hier exemplarisch an den beiden Fällen der Ehepaare Albayrak und Bilgin illustrierte Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe und dem Grad der Transnationalität von Altersvorsorge zeigte sich in der vorliegenden Studie durchgängig: Interviewpersonen mit einem überdurchschnittlichen Einkommen transferieren innerhalb ihrer Altersvorsorge (bisher oder zukünftig) selten bis gar nicht Ressourcen grenzüberschreitend. Ebenso erweitern sie nicht die Reichweite ihres sozialen Bezugsystems zum Zwecke einer geplanten Vorsorge im Alter, indem sie z. B. in der Türkei lebende Verwandte für einen zukünftigen Pflegefall einplanen. Umgekehrt nutzen die Interviewpersonen, die eine drohende Altersarmut auf Basis ihres bisherigen – relativ niedrigen – Erwerbseinkommens fürchten, Ressourcen aus dem transnationalen Raum durch deren geplanten Transfer oder durch die Kopplung zweier Renten. Diese Gruppe verband auch die Erweiterung des eigenen sozialen Bezugsystems über nationalstaatliche Grenzen hinweg mit der Hoffnung auf grenzüberschreitende soziale Unterstützung durch andere Familienmitglieder. Ferner erwog diese Gruppe eine erhöhte zirkuläre Mobilität oder Remigration im Alter, um einkommenskompensatorische Effekte – z. B. durch die Ausnutzung der Kaufkraftdifferenz zwischen Währungen der beiden Länder – zu generieren.

Auf Basis der Gesamtstudie kann insgesamt geschlussfolgert werden, dass transnationale Strategien der Alterssicherung in engem Zusammenhang mit sozialer Ungleichheit stehen. Dieser Effekt konnte hier nur in kurzer Weise und exemplarisch erläutert werden. Der hier vorliegende Beitrag nimmt hingegen mit dem folgenden abschließenden Abschnitt noch einen weiterführenden Perspektivwechsel mit Bezug zur Praxis der institutionellen Akteur*innen im Sozialräumen vor. Er erörtert dabei die Frage der Relevanz der Betrachtung der Effekte einer transnationalen Lebensführung für die Soziale Arbeit und deren Adressat*innen.

3. Transnationaler Lebensführung im Alter – Implikationen für die Soziale Arbeit

Im Rahmen der rechtlichen Verankerung des Sozialraumes in § 76 und § 91 BTHG (Bundesteilhabegesetz) verdeutlicht der Gesetzgeber, dass die Teilhabe für alte und pflegebedürftige Menschen durch die Inklusivität ihrer sozialräumlichen und lebensweltlichen Bezüge gefördert werden soll. Einrichtungen und Dienste der Sozialen Arbeit zählen zu den Leistungserbringenden, die diese Räume per gesetzlichem Auftrag „bedarfsgerecht“ und „inklusiv“ entwickeln sollen.

Wie hält es die Soziale Arbeit damit, wenn sich ältere Personen als Adressat*innen Sozialer Arbeit regelmäßig zeitweilig von ihrem Wohnsitz entfernen und zwei unterschiedliche räumliche Lebensschwerpunkte herausbilden? Pflegen Mitarbeitende von Mehrgenerationenhäusern zu Klienten*innen, die ihre Beratungsangebote nutzen, auch den Kontakt in deren Abwesenheit ins Ausland? Bekommen ältere Pendelmigrant*innen Mandate in der Interessenvertretung von älteren Menschen in Stadtteilgremien, oder werden sie dazu ermuntert, wenn sie nicht dauerhaft anwesend sind? Pendelmigration stellt eine Herausforderung für die Soziale Arbeit dar, die sich an nationalem Sozialrecht und nationaler sowie kommunaler Sozialpolitik orientiert.

Zieht man etwa die Indikatoren des deutschen Integrationsmonitorings (Länderoffene Arbeitsgruppe „Indikatorenentwicklung und Monitoring“ 2019) heran, so wird deutlich, dass dort eine mehrfache Integration in zwei Nationalstaaten einer Desintegration gleichgesetzt wird. Denn die nationale und kommunale Integrationspolitik orientiert sich erstens an der Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft innerhalb eines Nationalstaates, mit der ausschließlichen Inklusion in die Institutionen dieses Nationalstaates. Auch die Soziale Arbeit läuft Gefahr, eine vergleichbare verkürzte Herangehensweise durch eine Verbindung ihrer Bezugspunkte in Forschung und Praxis mit ‚der Gesellschaft` des eigenen Nationalstaates zu verbinden. So formuliert beispielsweise der Berufsverband der Sozialen Arbeit in Deutschland DBSH das Ziel der Unterstützung älterer Menschen dergestalt, dass sie: „gleichberechtigt an den Diskursen, Gütern und Dienstleistungen unserer Gesellschaft teilhaben können“ (Gosejacob-Rolf et al. 2019: 11).

Eine theoretische Entsprechung liefert hierzu das Modell der Sozialintegration von Esser (2006; 2008). In diesem Modell führen Bindungen zum Herkunftsland, beispielsweise überindividuell durch das etablierte Muster von Pendelmigration, zu einer ethnischen Segmentierung innerhalb der homogen gedachten Aufnahmegesellschaft. Aumüller (2009) ordnet Esser dabei nicht nur als einen wesentlichen zeitgenössischen Migrationssoziologen im deutschsprachigen Raum ein, sondern betont seine „offensichtliche Deutungshoheit innerhalb der staatlich bundesrepublikanischen Integrationspolitik“ (Aumüller 2009: 106).

Soziale Arbeit handelt zweitens im Rahmen von sozialpolitischen Handlungsaufträgen oft für die Verbesserung von Lebenslagen oder des sozialen Umfeldes von Gruppen in konkret lokalisierbaren territorialen Räumen, sei es sozialrechtlich mit dem Bezug auf einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ von Wohnbürger*innen, oder im Rahmen von Finanzierungszusagen von Körperschaften und Trägern mit territorialer Gebietshoheit. Eine transnationale Perspektive fordert auch diese auf, die territoriale Fixierung auf Nationalstaaten und singuläre Nahräume zu überwinden und Lebensorte stärker in ihrer transnationalen Verfasstheit zu betrachten.

Graßhoff und Schweppe (2012) weisen drittens auf die in der Sozialen Arbeit verbreitete Annahme zur Ursache der Entstehung von Beziehungsqualitäten hin: Die pädagogische Qualität der Arbeitsbeziehungen zwischen Mitarbeitenden und Adressat*innen in der Sozialen Arbeit entsteht durch Interaktionen in physischer Präsenz an konkreten Orten. Die Notwendigkeit einer lokalen physischen Präsenz ergibt sich dadurch, „dass sich bestimmte Strukturen der Verbindlichkeit, der normativen Verpflichtung und der Wechselseitigkeit nur unter Anwesenheitsbedingungen herausbilden können […]“ (Mau 2007: 71).

Ähnliche Annahmen finden sich auch im Kontext der sozialräumlich orientierten sozialen Gerontologie wieder (Kricheldorff 2015). Die hier existierenden Vorstellungen über Personen-Umwelt-Beziehungen beruhen oft maßgeblich auf Alltagshandlungen mit physischer Präsenz in sozialen Nahräumen. Damit stehen im Zentrum der Betrachtung einer sozialräumlich orientierten sozialen Gerontologie: „die Interaktion des älteren Menschen mit seiner alltäglichen räumlich-sozialen Umwelt als ein Handlungsprozess“ (Saup 1993: 48). Diese konzeptionellen Modelle der Beziehungsgestaltung und sozialräumlichen Kooperation müssen mit Blick auf transnationale Settings in Zukunft stärker erweitert gedacht und neu konzeptioniert werden.

Bereits aktuell ermöglichen Transport- und Kommunikationsmittel eine wesentlich stärkere Mobilität auch für ältere und pflegebedürftige Personen. Aufgrund von technischen Entwicklungen in den Bereichen Transport, öffentlicher Infrastruktur und Kommunikation und der erläuterten sozialen Relevanzen einer transnationalen Alterssicherung ist zukünftig mit einer weiteren Zunahme von Mobilität der Bevölkerung im Alter insgesamt – und nicht nur mit Blick auf Migrant*innen – zu rechnen. Vor diesem Hintergrund ist die Forschung und Praxis der Sozialen Arbeit gefordert, auch Mitglieder dieser mobileren Gruppe als Adressat*innen Sozialer Arbeit in ihren Lebenslagen und Lebenswelten umfassender zu erkunden und dafür entsprechende Analyseformen und Interventionsmodelle zu entwickeln.

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Zitiervorschlag

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